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Große Zukunft vertagt

Aus dem Handballverein VfL Bad Schwartau wurde der VfL Lübeck-Schwartau und damit sollte auch der sportliche Erfolg wiederkehren. Doch das Konzept geht bisher nicht auf

Es läuft einfach nicht rund: Auch Torwart Marino Mallwitz vom VfL Lübeck-Schwartau ist ratlos Foto: Nordphoto/Tauchnitz/imago

Von Christian Görtzen

Plötzlich wurden sie mutig an der Trave. Als im Juli 2017 „aus Vermarktungsgründen“ aus dem traditionsreichen Handballverein VfL Bad Schwartau, DHB-Pokalsieger von 2001, der VfL Lübeck-Schwartau wurde und Sponsoren ihr finanzielles Engagement verstärkten, wurde wieder groß gedacht beim Zweitligisten. Bis Sommer 2020, so der erste Zeitplan, sollte der Aufstieg in die Erste Bundesliga gelingen. Dazu jedoch, das lässt sich schon jetzt sagen, wird es in gut fünf Monaten nicht kommen.

Lübeck-Schwartau ist der Dritten Liga näher als der Ersten, hat aus 18 von 34 Spieltagen nur 15:21 Punkte geholt. „Für Abstiegssorgen wäre es zu früh. Wir stehen auf Tabellenplatz 13, und wir werden nach der EM-Pause mehr Punkte holen als in der Hinrunde“, prophezeite der neue Geschäftsführer Daniel Pankofer. Dass der Ex-Profi des VfL am 2. Januar diese Aufgabe übernommen hat, ist ein Hinweis darauf, dass im vergangenen Kalenderjahr einiges nicht wie gewünscht gelaufen ist.

Der gebürtige Nürnberger Pankofer ersetzte Michael Friedrichs, der 17 Jahre lang neben seinem Hauptberuf in einem Energiekonzern die Geschäfte des Clubs geführt hat. Die Trennung sei einvernehmlich gewesen, so der VfL. Friedrichs habe „den Beirat der HM Handball Marketing Spielbetriebs GmbH & Co. KG darum gebeten, ihn von seinen Aufgaben als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung zu entbinden und freizustellen.“ „Die Gesellschafterversammlung hat diesen Wünschen entsprochen“, hieß es in einer Pressemitteilung.

„Wir brauchen einen hauptamtlichen Geschäftsführer.“ „Dafür sind die Aufgaben zu groß geworden“, begründete Beiratsmitglied Thomas Görß in der Handballwoche den Schritt. Friedrichs erklärte: „Ich habe mich mit dem Beirat darauf verständigt, dazu nichts zu sagen.“

Eine Einarbeitung des Nachfolgers fand nicht statt, auch zur Übernahme von Friedrichs'Netzwerk kam es nicht. „Ich kann auf die Informationen des langjährigen Geschäftsstellenleiters Maik Becker zugreifen, der Ende des Jahres zum THW Kiel gegangen ist“, so Pankofer. „Ansonsten möchte ich gar nicht so viel dazu sagen. Es stehen viele verschiedene Aussagen im Raum. Vielleicht spielt von allem ein bisschen mit hinein.“

Bis Sommer 2020 sollte der Aufstieg in die Erste Bundesliga gelingen

Fest steht, dass es gehakt hat. Die Zielvorgabe Aufstieg haben sie beim VfL längst dem schleppenden sportlichen Vorankommen angepasst. Bis „spätestens 2022“ soll er nun gelingen. Es ging auch nicht gut los mit dem namhaften Trainer Piotr Przybecki, der seit Sommer Lübeck-Schwartau trainiert. Er kam unzufrieden an, weil er im Februar 2019 vom polnischen Verband die Nachricht erhalten hatte, dass er entgegen der Absprache doch nicht in Personalunion weiterhin die polnische Nationalmannschaft betreuen dürfe. Plötzlich war der Ex-Bundesliga-Profi nur noch Trainer eines Zweitligisten und nicht mehr Coach einer starken Nationalmannschaft.

Bei der Suche nach den Gründen für die sportliche Lage wird beim VfL Lübeck-Schwartau gern auf die Liste der Verletzungen ihrer Spieler verwiesen. Auch der neue Geschäftsführer Pankofer macht dies: „Wenn drei Hauptkräfte ausfallen, kompensiert das kaum eine Mannschaft.“ Als Reaktion darauf wurde nun der niederländische Nationalspieler Niels Versteijnen vom deutschen Meister SG Flensburg-Handewitt verpflichtet. Elf Verträge von Spielern laufen im Sommer aus, in dem Bereich besteht also Handlungsbedarf.

Und mit dem Umbau der Hansehalle läuft es auch nicht wie geplant. Im Juni 2018 hatte Friedrichs erklärt, dass der 2,25 Millionen Euro teure Umbau im Juni 2019 vollzogen sein werde. Im März 2019 berichteten dann die Lübecker Nachrichten, dass der bundesligataugliche Umbau der Halle erst im Sommer 2020 beginne und dassdie Kosten auf 2,5 Millionen Euro ansteigen werden. Zum aktuellen Stand sagte Pankofer nun: „Die Halle soll erweitert werden, im ersten Schritt wird der äußere Bereich modernisiert.“ Zur Frage, wann das derzeitige Fassungsvermögen von 2.200 Zuschauern erhöht werden, sagte Pankofer: „Das ist vage.“ So wie einiges beim VfL Lübeck-Schwartau.

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