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Alternative von La Palma

Bananen von den Kanarischen Inseln schneiden von der Ökobilanz her besser ab als die Konkurrenz aus Lateinamerika. Doch müssen sie aufwendig bewässert werden. Das ist teuer

Aus Madrid Reiner Wandler

Comercio Justo“ – „Fairer Handel“ – ist ein Ausdruck, den die Banananbauern auf den Kanarischen Inseln nur ungern hören. Das Label auf Bananen aus Übersee sei vor allem „Werbung, um die Käufer zu ködern“, schimpfte der Geschäftsführer des Verbandes der Bananenproduzenten auf den Kanaren (Asprocan), Sergio Cáceres, auf der Messe „Salón Gourmets“ in Madrid. Einmal mehr warb er für sein Produkt: Die Bananen von den Kanarischen Inseln seien die nachhaltigsten auf dem Markt.

Hinter dem Streit um Standards steht die Sorge ums Bestehen im internationalen Wettbewerb. Je mehr Freihandelsabkommen die Europäische Union schließt, umso mehr Bananen kommen aus Drittländern zollfrei auf den europäischen Markt. Sie kosten meist nur halb so viel wie die europäischen Bananen von den spanischen Kanaren oder den portugiesischen Azoren. Selbst Fairtrade- und Ökobananen sind meist billiger als die Bananen aus dem europäischen Randgebieten.

Auch in Spanien, wo 16 Millionen der knapp 18 Millionen Haushalte zumindest hin und wieder Kanarische Bananen kaufen, spüren die Produzenten von Asprocan das, was sie „unlauteren Wettbewerb“ nennen. Sie verlangen daher, dass alle Bananen auf dem europäischen Markt den gleichen Spielregeln unterworfen werden.

Cáceres hat eine ganze Reihe von Argumenten dafür, dass die Bananen von Asprocan besser sind als die aus Übersee. In Sachen Arbeitsbedingungen – die für das Fairtrade-Label herangezogen werden – schnitten die Kanarischen Bananen selbstverständlich besser ab. Denn das europäische Arbeitsrecht lege Mindeststandards fest, die deutlich höher seien als die für das Fair-Trade-Label erforderlichen. Ein Label für Fairness gebe es deshalb in Europa nicht.

Doch das Argument für nachhaltigen Anbau schlechthin ist für Cáceres der zertifizierte CO2-Ausstoß der kanarischen Bananen. Vom Pflanzen der Staude bis zum Verkauf an den spanischen Endverbraucher fallen 195 Gramm CO2 pro Kilogramm für Bananen von La Palma an. Früchte aus Übersee belasten das Klima mit bis zu 480 Gramm CO2 pro Kilogramm.

Während die meisten Früchte aus Übersee von großen Plantagen stammen, sind die 8.000 Hektar Anbaufläche auf dem Kanarischen Inseln in der Hand von 8.000 Produzenten. Bei den meisten handelt es sich um Familienbetriebe, 80 Prozent davon sind kleiner als ein Hektar.

Pedro Padrón ist einer der Produzenten. Der 52-Jährige bestellt 1,5 Hektar auf der Insel La Palma. „Es gibt Ökobananen aus Drittländern, die nicht einmal die Kriterien erfüllen, die hier für konventionelle Produkte gelten“, beschwert er sich. Pedro Padrón ist kein Ökobauer, aber er ist „auf halbem Weg dorthin“: Padrón nimmt an einem Programm der integralen Schädlingsbekämpfung teil. „Ich spritze zwei bis dreimal im Jahr und darf nur neun unterschiedliche Mittel benutzen.“ In Übersee werden jede zweite Woche bis zu 60 verschiedene Mittel gespritzt, und das meist aus der Luft, oft mit den Arbeitern auf dem Feld.

„Rund acht Prozent der Produktion hier auf La Palma stammt mittlerweile aus Ökoanbau“, sagt Padrón. Auch er überlegt sich umzustellen, wenn die Nachfrage entsprechend steigt. Leicht ist die Umstellung nicht. Denn die Bananenstaude ist eine stark anfällige Pflanze, die genau eine Ernte trägt. Sie vermehrt sich nicht über Samen, sondern per Ableger. Das heißt, dass alle Stauden die exakt gleiche Genetik aufweisen. Gezielte Züchtungen, um sie gegen Insekten oder Pilze resistent zu machen, sind deshalb nicht möglich.

Die meisten Produzenten sind Familienbetriebe, 80 Prozent davon sind kleiner als ein Hektar

Auch Luis Sánchez, Landwirtschaftsexperte der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción auf den Kanaren, hält die einheimischen Bananen für die bessere Alternative. „Doch was uns Sorge macht, ist das Wasser“, sagt er. Weil die Niederschläge für den Anbau von Bananen nicht ausreichen, müssen die Plantagen auf La Palma ständig bewässert werden. „Das führt zum Raubbau an den sehr begrenzten Wasservorkommen auf den Inseln“, sagt Sánchez.

Regionalregierung und Asprocan versuchen den Wasserverbrauch zu senken. Vor allem auf der Westseite der Inseln tut dies Not, denn dort regnet es in den letzten Jahren immer weniger. Längst ist von einer „lang anhaltenden Trockenheit“ die Rede. Es geht dabei vor allem um Modernisierung der Bewässerungsmethoden. „Die Verbesserung der Bewässerungssysteme muss sich wirtschaftlich für die Landwirte lohnen“, sagt die regionale Landwirtschaftsministerin Alicia Vanoostende. Subventionen für neue Anlagen, die mit Tröpfchenbewässerung arbeiten, und ein höherer Wasserpreis könnten diese Anreize liefern.

Bananenbauer Padrón hat von der Flächenbewässerung auf Druckleitungen umgestellt. „Damit spare ich 20 Prozent Wasser. Sobald ich eine Tröpfchenbewässung installiere, werden es über 40 Prozent sein“, sagt er. „Es führt kein Weg daran vorbei. Denn das, was wir erleben, ist nicht eine normale Trockenperiode, es ist der Klimawandel.“

Über 390.000 Tonnen Kilogramm kanarische Bananen werden pro Jahr verkauft. Dem gegenüber stehen in der EU 5,8 Millionen Tonnen aus Übersee. 99,8 Prozent der Kanarenbananen, die die Inseln verlassen, werden in Spanien vermarktet. In den kommenden Jahren wollen die Asprocan und Inselregierung ihr Produkt auch auf andere europäische Märkte bringen. Es ist nicht der erste Anlauf. Die anderen sind bisher alle gescheitert.

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