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Verfahren gegen NS-VerbrecherDie letzten Nazi-Täter sterben aus

Die Zahl der Ermittlungen gegen mutmaßliche KZ-Wächter ist bundesweit auf 23 gesunken. Der Prozess gegen den SS-Wachmann Bruno D. zieht sich.

Angeklagt wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 5.230 Fällen: der ehemalige KZ-Wachmann Bruno D. Foto: Fabian Bimmer/reuters

Berlin taz | Ein- oder zweimal wöchentlich, meistens am Vormittag um 11 Uhr, wird ein alter Mann im Rollstuhl in einen Hamburger Gerichtssaal geschoben. Solange Fotografen anwesend sind, versucht er sein Gesicht zu verbergen. Das Verfahren gegen Bruno D. zieht sich hin, denn der 93-Jährige kann wegen eingeschränkter Verhandlungsfähigkeit nur jeweils knapp zwei Stunden am Tag vor Gericht erscheinen. So sind inzwischen Verhandlungstage bis Ende Februar 2020 terminiert.

Bruno D. ist der Beihilfe zum Mord in mindestens 5.230 Fällen angeklagt, begangen im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig. Dort war der damals junge Mann zwischen August 1944 und April 1945 als SS-Wachmann im Einsatz. Der Angeklagte bestreitet seinen Dienst im KZ nicht, will aber von den Morden in dem Lager kaum etwas mitbekommen und schon gar nicht selbst getötet haben.

Das Strafverfahren gegen Bruno D. dürfte einer der letzten Versuche sein, NS-Gewaltverbrechen juristisch aufzuklären und die Täter zu belangen. Die letzten Beschuldigten haben inzwischen durchgehend ihr 90. Lebensjahr überschritten, viele sind älter als 95 Jahre. Die allermeisten Täter sind längst verstorben, andere aufgrund von altersbedingten Gebrechen verhandlungsunfähig.

Derzeit sind nach Auskunft des Leiters der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg, Jens Rommel, noch 23 Verfahren gegen mutmaßliche KZ-Wachmänner- und Frauen anhängig. Es waren schon einmal mehr.

Tot oder verhandlungsunfähig

So übernahm die Staatsanwaltschaft Erfurt 2017 zehn Verfahren gegen ehemalige Aufseher des KZ Buchenwald nach Vorermittlungen der Zentralen Stelle. Davon sind Ende 2019 nach Angaben von Rommel noch sechs übrig geblieben, ohne dass die Ermittlungen abgeschlossen werden konnten, die anderen vier Beschuldigten sind tot oder verhandlungsunfähig.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelte ab 2017 gegen insgesamt acht Frauen im Alter von 94 bis 96 Jahren, die im KZ Ravensbrück eingesetzt worden waren. Ihre Zahl ist Ende 2019 auf nur noch eine einzige Beschuldigte gesunken, der wahrscheinlich eine Verhandlungsunfähigkeit attestiert werden muss, sagte der zuständige Neuruppiner Staatsanwalt Cyrill Klement der taz.

Weitere Ermittlungen gegen KZ-Wächter betreffen 11 von ursprünglich 14 Beschuldigten aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen, zwei aus Stutthof sowie zwei Verfahren gegen Personen, die in Mauthausen tätig waren, sagte Oberstaatsanwalt Rommel der taz. Gegen keinen der Verdächtigen ist bisher Anklage erhoben worden.

Hinzu kommt ein ursprünglich in Münster anhängiges Verfahren gegen einen mutmaßlichen Stutthof-Täter, dessen Verfahren bisher wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht beginnen konnte. Der zweite Münsteraner Fall gegen den Stutthof-Wachmann Johann R. endete Anfang 2019 mit der Einstellung des Prozesses wegen der Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten.

Nur zwei Urteile seit 2011

Ermittlungen zu den Tatkomplexen Auschwitz, Mauthausen und Majdanek mussten in den letzten Monaten eingestellt werden. Andere Verfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher betreffen nach Angaben von Rommel die Tatorte Oradour-sur-Glane, wo SS-Angehörige im Juni 1944 642 Dorfbewohner ermordeten. Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen einen Angehörigen der SS-Division „Das Reich“.

Im Tatkomplex Babi Jar bei Kiew, in dem SS-Männer im September 1941 mehr als 33.000 Juden töteten, ermittelt die Staatsanwaltschaft Kassel gegen einen 1921 geborenen Mann. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt untersucht derzeit Morde im heute ukrainischen Galizien. Und schließlich laufen in Hamburg Ermittlungen gegen eine 97-jährige frühere Aufseherin des Arbeits- und Konzentrationslagers Grünberg, heute in Polen gelegen.

Wegen der Verjährung aller anderen Straftaten sind Ermittlungen nur noch im Falle von Mord oder Beihilfe zum Mord möglich. Die neuere Rechtsprechung erlaubt es erst seit wenigen Jahren auch gegen solche Personen vorzugehen, die in einem Vernichtungslager oder KZ eingesetzt waren, auch wenn ihnen kein individueller Mord nachgewiesen werden kann.

Jedoch konnten nur in zwei Verfahren seit 2011 frühere SS-Männer auch verurteilt werden. Der Auschwitz-Kassenwart Oskar Gröning erhielt 2015 vom Landgericht Lüneburg eine vierjährige Haftstrafe. Im folgenden Jahr wurde der ehemalige Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning in Detmold zu fünf Jahren Haft verurteilt. Beide sind inzwischen verstorben, ohne dass sie ihre Strafen antreten mussten.

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7 Kommentare

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  • Die Nazitäter, also die Wachtruppen und Lagerdienste der KZs, die hier gemeint sind, hatten allesamt den Totenkopf als Kragenspiegel. Sie waren militärisch dem Totenkopfverband (TV) zugeordnet, aus dem die 3. Division der Waffen-SS "Totenkopf" hervorgegangen war. Der Personalaustausch mit den Lagern betraf 5-10 Prozent der Divisionsstärke. Bislang dachte ich, viele seien durch diesen Personalwechsel der Rache nach der Befreiung entgangen, genauso wie dem Gericht. Doch gerade las ich, daß alle Mitglieder der 3. Division "Totenkopf" in alliierter Gefangenschaft sofort an Stalin übergeben wurden, nur sehr kleinen Gruppen soll die Flucht aus der Gefangenschaft gelungen sein. Wohin konnten diese fliehen? Die meisten sind sicherlich in der Fremdenlegion der Franzosen gelandet. Diese bestand nach dem Krieg zu zwei Dritteln aus Deutschen, meist Waffen-SS und im übrigen Drittel aus ausländischen Freiwilligen der Waffen-SS. Die Offiziere waren Franzosen. Sofort wurden die Legionäre in Indochina eingesetzt. Die Franzosen rekrutierten mit der Hungermethode auch in ihren Gefangenenlagern. Wer unterschrieb bekam zu essen, statt fast oder ganz zu verhungern. Die Legion kämpfte in der Zusammensetzung im Koreakrieg und in Vietnam. Auch die Legion bemühte sich um den Aufbau einer südkoreanischen Armee.



    Ähnlichkeiten der ROK Army bei der 3. Totenkopf Division der Koreaner zur Waffen-SS Totenkopf- Division müssen also nicht zufällig sein, auch wenn eher das 34. Infantery Regiment der US Army dort Pate gestanden haben dürfte. Das heutige Blau des koreanischen Totenschädel, früher war er weiß, ist das gleiche Blau wie das des Zyklon B, auch sieht der Schädel dieses Totenkopf mit zwei Knochen dem auf der Dose von Dagesch sehr ähnlich, in die das Zyklon B gefüllt wurde. Kann es sein, dass eine Nazi-Division mit Verbindung zu den KZs für die im Süden von Korea so angesehene White Skull Division Pate stand? Stolz sind Koreaner auf deren "Killrate" von 1:25 in Vietnam. Zeit einiges zu ändern

  • "Die letzten Nazi-Täter sterben aus"



    Überschrift falsch gewählt.

    Richtiger wäre:

    "Die letzten uralten Nazi-Täter sterben aus,- aber es gibt leider mehr als genügend neue Nazi-Täter"

  • Es ist wie mit Bruder zwei, dem Mann hinter Pol Pot. Erst mit 92 wurde er im letzten Jahr vor Gericht gestellt, wie die taz berichtete und zu lebenslanger Haft verurteilt.



    Vielleicht kommt noch etwas Wahrheit ans Licht bei diesen Letzten der "TV", der Totenkopf-Verbände, sie gehörten nicht zu den "VT", den Verfügungstruppen der Waffen-SS. Sie hatten als einzige Division den Kragenspiegel mit dem Totenkopf, waren in den Anfängen eine Art Söldnerhaufen. Die Totenkopf- Division bestand anfangs aus den bezahlten Lagerwachen und auch in den Gefaengnissen wurden gemeine Kriminelle angeworben. Später wurden die TV-Banne oder -Stuerme (?) durch normale Rekruten zur Division aufgestockt. Trotzdem fand ein Austausch zwischen Division und Lagerwachen statt, der ca. 5-10 Prozent des Personals der Division umfasste. Das macht bei einer Divisionsstärke von 15.000 Mann, 1.500 die Dienst im Lager verrichtet haben. Für gewöhnlich wurden die Lagerwachen nach der Befreiung sofort erschossen oder erschlagen. Nur die den Lagerdienst nicht mehr ausgehalten haben, konnten sich zum Austausch an die Front bewerben. Es gab auch genug, die dem Frontdienst entfliehen wollten und sich für den Lagerdienst bewarben. So kam Austausch zustande. Die ehemaligen Wächter, die an der Front den Krieg überlebten, wären ohne Zweifel kaum zu fassen. Der Großonkel eines ehemaligen Freundes kam so zu den Lagerwachen nach Auschwitz. Der Bauernsohn Menkhaus aus Bramsche-Engter überlebte den Krieg und kam meines Wissens nach nie vor ein Gericht, wie sein Großneffe erzähle, der heute Landwirt ist. Schätze ich die Zahl auf einige hundert, die den Krieg überlebt haben, sind wahrlich nicht viele verurteilt worden.

  • Aber Nazisäue sterben nie aus. Die wachsen als Omas immerzu nach.

    twitter.com/dannyt...210892743729451008

  • ‚Die letzten Nazi-Täter sterben aus‘ - Das klingt so als ob dies bedauerlich wäre.

  • Nette Aufzählung. Aber sie zeigt nur, dass sich die Versäumnisse von Jahrzehnten nicht nachholen lassen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Liggers. Ihr erster Satz paßt zur Überschrift. Sinnfrei.