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: Fischerboot mit Leichen an Japans Küste angespült

Behörden vermuten, dass das Boot aus dem 900 Kilometer entfernten Nordkorea stammt. Rund um die japanische Insel Sado landen jährlich rund 100 solcher „Geisterschiffe“

Das Neue

Am Strand der japanischen Insel Sado ist ein Fischerboot mit teilweise skelettierten Leichen gefunden worden. Drei davon waren männlich, bei zweien waren Körper und Kopf getrennt. Falls Knochen und Schädel zusammengehörten, wären es fünf Tote. Die Behörden sprachen jedoch von sieben möglichen Leichen. Auf dem hölzernen Rumpf der in zwei Teile zerbrochenen, primitiven Nussschale standen koreanische Buchstaben. Daraus schließen Polizei und Küstenwache in Japan, dass es sich um ein Boot aus Nordkorea handelt. Bis zum Reich von Führer Kim Jong Un sind es quer über das Japanische Meer rund 900 Kilometer.

Der Kontext

In der Region um die Insel Sado werden jährlich rund 100 solcher Geisterschiffe mit Toten an Bord angeschwemmt. Insgesamt waren es in diesem Jahr bereits 156 Boote, die vor den japanischen Küsten angespült oder treibend aufgefunden wurden. Eine Überraschung ist das nicht, diese Funde traten vor etwa sieben Jahren erstmals auf und konzentrieren sich auf den Herbst und Winter. „Wahrscheinlich fällt erst der Schiffsmotor aus, dann treiben Westwind und Strömungen die Boote über mehrere Monate in Richtung Japan ab“, so ein Offizier der Küstenwache in einem früheren Fernsehbericht über die Anlandungen. Auch schwere See könnte eine Rolle spielen. Eine Obduktion von zwei Leichen ergab, dass die Menschen ertrunken waren. Die Fischer ständen unter großem Druck, hohe Fangquoten zu erfüllen, berichteten südkoreanische Medien. Daher führen die Boote weit aufs Meer, obwohl sie keine Navigationsgeräte hätten. Nur selten haben nordkoreanische Fischer die japanische Küste lebend erreicht. Bei Befragungen sagten sie gegenüber den lokalen Behörden aus, sie seien in schlechtes Wetter geraten und hätten Motorprobleme gehabt. Ein anderes Boot mit Soldaten war auf einer japanischen Insel gelandet, diese hatten eine Hütte ausgeraubt. 2018 wurden zehn Nordkoreaner, die aus einem kleinen Holzboot gerettet wurden, das vor Nordjapan trieb, abgeschoben.

Die Reaktionen

Wie diese Menschen starben und warum sie in Seenot gerieten, bleibt rätselhaft. Aber viele japa­nische Küstenbewohner haben längst eine Erklärung: Nordkorea wolle wieder Japaner übers Meer entführen. Schon vor vier ­Jahrzehnten verschwanden 17 japanische Staatsbürger. In Nordkorea mussten sie Spionen die japanische Sprache und Lebensweise beibringen. Doch der Nordkoreaspezialist Satoru Miyamoto, ein Politologe der Universität Seigakuin in Saitama, hält dies für unwahrscheinlich: „­Spione würden mit besseren ­Schiffen kommen.“

Die Konsequenz

Um die sterblichen Überreste der Fischer kümmern sich ­manchmal buddhistische Tem­pelangehörige nahe den Fund­orten der Totenschiffe, zum Beispiel solche des Tosen-Tempels auf der Halbinsel Oga hoch im Norden. In der Vergangenheit hatte Nordkorea die Asche von einigen Toten über das Rote Kreuz zurück­gefordert. Martin Fritz, Tokio