Porträt des Rappers Mach-Hommy: Gefühle im Großstadtnebel

Der amerikanisch-haitianische Rapper Mach-Hommy gibt kaum etwas von sich preis. Kritiker und Fans verehren ihn. Annäherung an ein Phänomen.

Er mag Bandanas, Exklusivität und ­Kryptisches: Mach-Hommy ​ Foto: mach-hommy.com

Auf eine 15-jährige Karriere kann der haitianisch-amerikanische Rapper Mach-Hommy bereits zurückblicken. Und trotzdem sucht man vergeblich nach Greatest-Hits-CDs und Artikeln, die seine Entwicklung Revue passieren lassen. Man braucht schon einige Ausdauer, um überhaupt etwas über ihn in Erfahrung zu bringen.

Der Sohn eines Folksängers ist in Newark, New Jersey aufgewachsen. Weit genug weg von New York, um sich mit dem Außenseiterstatus anzufreunden, den er als Rapper mittlerweile zu seinem Markenkern gemacht hat. 2004 erschien sein erstes Mixtape mit dem Titel „Goon Grizzle“. Seither veröffentlicht er komplett in Eigenregie in unregelmäßigen Zyklen Mixtapes, EPs und LPs.

Interviews gibt Mach-Hommy kaum. Er mag Journalist*innen nicht, und er glaubt, dass sie sich nur aus Opportunismus mit HipHop beschäftigen, ohne etwas von der Kultur zu verstehen. In den wenigen Interviews, die er bis dato gegeben hat, spricht Mach-Hommy viel über Haiti, über die Auswirkungen der französischen Kolonisation, über die Armut und die Herablassung, mit der PoC behandelt werden – dort und in den USA.

Auch darüber, wie sein haitianischer Hintergrund seine Musik geprägt hat. „Mein Großvater hat uns verboten, zu Hause Französisch zu sprechen“, erinnert er sich im Podcast Tea & Converse. Französisch war für den Haitianer die Sprache der Kolonialherren, derjenigen, die reich genug waren, um nicht arbeiten zu müssen. In Mach-Hommys Raps taucht sie deshalb nur am Rande auf. Er rappt hauptsächlich auf Englisch, manchmal Kreolisch, hin und wieder einzelne Sätze auf Spanisch.

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2016 veröffentlicht er sein Debütalbum „H.B.O. (Haitian Body Odor)“ über die Musikplattform Bandcamp. Auf soulig-jazzige Melodien rappt Mach-Hommy entspannt, mühelos. Er braucht keine Drums, keinen harten Beat. Stattdessen kreiert er sphärische Musik, über die er frei assoziiert. Meist geht es in seinen Texten um das klassische Außenseiterdasein: Drogen, Waffen, der Hustle, die Frauen.

Doch Mach-Hommy ist nicht einfach nur ein weiterer Rapper, der die Geschichte des Gangsterlebens oder des American Dream nacherzählt. Er schreibt seine eigene Version dieser Geschichte. Er beschwört Gefühle hinauf, kreiert eine Atmosphäre wie Großstadtnebel. Man weiß nicht, ob hinter der nächsten Ecke ein Typ mit Knarre lauert oder ob man sich auf der Fährte einer schönen Frau verliert.

Man muss Mach-Hommy die ganze Aufmerksamkeit schenken, genauestens zuhören, denn nachprüfen, was er rappt, kann man nicht. Es gibt keine Booklets mit Texten, keine Erklärungen zu den Inhalten in besagten Interviews. Dabei sind die Texte kryptisch, voller Slang und Anspielungen.

„Um verständlich zu sprechen, muss ich mich anstrengen“, erklärt Mach-Hommy im Interview mit L. A. Record, „untereinander reden meine Kumpels und ich Hood-Chinesisch.“ Er schätzt das Konspirative, in Internet-Text-Foren lässt er zum Beispiel seine Lyrics löschen. Warum? Das wüssten die Fans auch gerne. Und an jenen mangelt es nun wirklich nicht.

Die Anonymität, die er sich bewahrt, ist nicht nur Schutzmechanismus, sie ist Kalkül. Mach-Hommy hat keine Social-Media-Accounts. Auf YouTube finden sich nur wenige Musikvideos. In ihnen taucht er zwar auf, sein Gesicht bleibt aber von der Nase abwärts immer von einem Bandana mit der haitianischen Flagge verdeckt. Mach-Hommy ist ein schlanker, großer Typ mit Dreadlocks, modebewusst, tätowiert. Mehr über ihn verrät nur die Musik.

Für die sind seine Fans bereit viel Geld zu bezahlen. Denn Mach-Hommy setzt nicht nur auf Anonymität, sondern auch auf Exklusivität. Von seinem Debütalbum „H. B. O.“ gab es genau 187 physische Tonträger. Kostenpunkt: schlappe 300 Dollar. Schnell waren die Platten ausverkauft. Auf Mach-Hommys Webseite finden sich weitere Sammler*innenstücke.

Mach-Hommy

„Mit meinen Kumpels rede ich Hood-Chinesisch“

Eine „Test Press Collection“ aus vier Kassetten kostet stolze 2.222 Dollar. Auf den ersten Blick erscheint all das größenwahnsinnig. Auf den zweiten Blick einfach nur pragmatisch: Mach-Hommy ist schon lange im Geschäft, und er ist gekommen, um Geld zu verdienen, das betont er immer wieder. Der große Durchbruch ist ihm – oh Wunder – verwehrt geblieben, er bleibt ein Kritiker*innenliebling. Diesen Status macht er sich zunutze.

Western, Romcom, Mafiafilm

Seine guten Verbindungen zu Produzenten helfen dabei. Earl Sweatshirt, das Produzenten-Wunderkind von Odd Future, holte Mach-Hommy in diesem Jahr für Songs seiner EP „Feet of Clay“ ins Boot. Das ebenfalls 2019 erschienene Mach-Hommy-Album „Tuez-les tous“ wurde vollständig von DJ Muggs von Cypress Hill produziert.

DJ Muggs & Mach-Hommy: „Tuez-les tous“ CD/LP (Soul Assassins Records), www.mach-hommy.com.

Er unterlegt Mach-Hommys Raps mit der richtigen Menge Pathos, inszeniert sie als kleine Filme inklusive Dialogen und dramatischen Bögen. Dabei bietet er die ganze Bandbreite von Western über Romcom bis Mafiafilm. Mach-Hommy arbeitet sich daran ab: Er croont, spittet und flowt wie es gerade passt. DJ Muggs war von der Zusammenarbeit beeindruckt, bezeichnete Mach-Hommy als „eines der größten Talente, das auf dieser Erde umherläuft“.

Mach-Hommy sagte dazu, wie so oft, nichts.

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