Etliche Tote auf den Euphratbrücken

Gewalt im Irak: In Nadschaf brennt ein Konsulat, in al-Nasirija gehen Sicherheitskräfte brutal gegen Demonstranten vor

Von Jannis Hagmann

Es ist nicht irgendeine irakische Stadt, in der sich in dieser Woche antiiranische Proteste Bahn brechen. Nadschaf liegt im Süden Iraks, fast alle Einwohner sind Schiiten. Hier steht die Imam-Ali-Moschee, einer der wichtigsten Orte des schiitischen Islam. Doch auch in Nadschaf – wie in anderen Sädten des Südirak und in der Hauptstadt Bagdad – regt sich Widerstand gegen den Einfluss des schiitischen Regimes in Teheran.

Einen ersten Höhepunkt erreichten die antiiranischen Proteste am Mittwochabend, als Demonstranten das Konsulat des Iran in Brand setzten. Die Mitarbeiter konnten gerade noch durch eine Hintertür entkommen. Als Reaktion forderte die Regierung in Teheran von der Führung in Bagdad „entschiedenes, effektives“ Vorgehen gegen die „Aggressoren“, wie ein Sprecher des iranischen Außenministeriums am Donnerstag sagte.

Am Donnerstag dann eskalierte die Lage in der südirakischen Stadt al-Nasirija. Die Sicherheitskräfte stürmten zwei besetzte Brücken über den Euphrat und erschossen nach Angaben aus Sicherheits- und Krankenhauskreisen 16 Demonstranten. Andere Quellen sprachen am Donnerstagnachmittag von mindestens 24 Toten. Mehr als 100 Menschen sollen verletzt worden sein. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre.

Die Militärführung teilte am Donnerstag mit, die Regierung habe einen Krisenstab eingerichtet, um die Lage in den Griff zu bekommen. Nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Dschasira wurden Truppen in den Südirak verlegt, um „die Ordnung wiederherzustellen“, wie der Sender aus einer Mitteilung des Militärs zitierte.

Die Proteste im Irak hatten Anfang Oktober begonnen. Die Menschen gehen gegen die politische Elite des Landes und die ausufernde Korruption auf die Straßen. Im Zentrum ihrer Forderungen steht der Rücktritt der Regierung von Adel Abd al-Mahdi. Zwischen 300 und 400 Menschen sollen bereits getötet worden sein, ein Großteil davon Demonstranten.

Der Iran hat seinen Einfluss im Nachbarland Irak seit dem Sturz des Langzeitdiktators Saddam Hussein durch das US-Militär im Jahr 2003 systematisch ausgebaut. Teheran stützt die Mahdi-Regierung in Bagdad und nimmt insbesondere durch den Milizenverband „Volksmobilisierung“ Einfluss.

Seit 2014 konnten die Milizen durch den Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) Ansehen und auch politische Macht im politischen Gefüge des Irak erringen. Mittlerweile haben sie Teile des irakischen Staats unterwandert und vor allem über das Büro von Regierungschef al-Mahdi, der seit gut einem Jahr im Amt ist, an Einfluss gewonnen.