Gentrifizierung in Hamburg: Rot-Grün droht mit Vorkaufsrecht

Im Streit um einen Gewerbehof in Ottensen will Rot-Grün in der Bezirksversammlung die Keule „Vorkaufsrecht“ ziehen. Die Opposition findet das unnötig.

Eine Hofdurchfahrt, links ein Graffito, in der Mitte in rot-weißer Poller, im Hintergrund Gebäude

Einsturzgefahr? Ein Poller verhindert die Durchfahrt Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Die rot-grüne Koalition in der Bezirksversammlung Altona versucht, ein Zeichen im Kampf um die alten, kleinteiligen Gewerbehöfe zu setzen. Beim Konflikt um einen Hof in Ottensen hat sie jetzt den rot-grünen Senat gebeten, eine Vorkaufsrechtssatzung zu erlassen.

Diese würde es der Stadt ermöglichen, den Gewerbehof zu kaufen, um zu verhindern, dass dort teure Wohnungen gebaut werden. „Ich sehe schon die Geier kreisen, die sich nur zu gerne auf diese kostbare innerstädtische Lage stürzen werden“, sagt der grüne Bezirksabgeordnete Christian Trede.

Im Gewerbehof Hagen im Hohenesch gibt es 20 kleine Betriebe – vom Getriebedienst über eine Kunstschule und eine Siebdruckwerkstatt bis hin zum Landschaftsplanungsbüro und der sozialen Küche „La Cantina“. Ihre Mieten sind niedrig, die kleinteilige Gebäudestruktur ist typisch für das alte Ottensen.

Seit einiger Zeit streiten sich allerdings die beiden Eigentümer des Hofs. Die Eigentümerin des Grundstücks zur Straße hin, eine Architektin, möchte nicht mehr, dass ihre Durchfahrt benutzt wird, um auf den Hof zu gelangen. Das wurde unter den vorherigen Eigentümern 50 Jahre lang geduldet.

Der Poller-Eklat

Die jetzige Eigentümerin führt an, die Kellerdecke unter der Durchfahrt sei marode und nicht mehr tragfähig genug. Sie schlug vor, die Familie Hagen solle durch eines ihrer Gebäude einen eigenen Zugang zum Hof brechen. Der Bauausschuss des Bezirks lehnte das als zu massiven Eingriff ab.

Zum Eklat kam es im Februar, als die Architektin einen Poller in die Durchfahrt stellte, sodass kein Fahrzeug mehr durchkam. Das ist schlecht für die Gewerbetreibenden, die jetzt nicht mehr vernünftig beliefert werden können und deren Kunden keine Parkplätze mehr finden.

Christian Trede, Grüne

„Ich sehe schon die Geier kreisen, die sich nur zu gerne auf diese kostbare Lage stürzen werden“

Bezirkspolitiker haben in vielen Gesprächen mit den Eigentümern versucht zu vermitteln. Das Amtsgericht gestand den Mietern des Gewerbehofs zwar ein Notwegerecht zu, forderte aber keine Instandsetzung für Fahrzeuge.

Weil die Sache juristisch weiter in der Schwebe ist, will die Mehrheit in der Bezirksversammlung jetzt Druck machen. „Wir wollen mit diesem Beschluss signalisieren, dass wir dieses Gewerbe, das immer noch zu moderaten und bezahlbaren Mieten dort möglich ist, zwingend erhalten wollen“, sagt Trede. Das Baurecht gestatte an dieser Stelle auch hochpreisigen Wohnungsbau, fürchtet der Bezirksabgeordnete.

Er hält es für möglich, ein Vorkaufsrecht vorzusehen, um das Ergebnis des Sanierungsverfahrens für Ottensen zu sichern. Hier wurde mit städtischem Geld versucht, die kleinteilige Gewerbestruktur zu sichern. Außerdem solle damit das Problem der Zufahrt gelöst werden.

CDU-Fraktionschef Sven Hielscher bezweifelt, dass ein Vorkaufsrecht geschaffen werden könnte, weil dieses nicht städtebaulich zu begründen wäre. „Auch die CDU ist dafür, das kleinteilige Gewerbe zu erhalten“, versichert Hielscher. Das sei aber schon durch den Bebauungsplan und das geltende Erhaltungsgebot für die Gebäude gewährleistet. Zur Not müsse der Bauausschuss seine Entscheidung überdenken, keine weitere Zufahrt zuzulassen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.