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In einem Grab mit dem Mörder

Die Hamburger Linke kritisiert, dass das Grab eines NS-Täters mit öffentlichen Geldern gepflegt wird. Er wurde mit Opfern bestattet

Von Yasemin Fusco

Hermann Baranowski machte während der NS-Zeit in den Konzentrationslagern Dachau und Sachsenhausen Karriere als Kommandant. Heute liegt er zusammen mit Opfern der Nazi-Herrschaft in einer Kriegsgräberanlage auf dem Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf – und das wird mit Bundesmitteln gepflegt.

Kritik daran kommt von der Linken: Auf eine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider in der Hamburger Bürgerschaft antwortete der Senat, dass Baranowskis Grabstätte Pflegeentschädigungen gemäß dem Gräbergesetz erhalte. Das Gräbergesetz, auch „Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ genannt, sollte eigentlich das Gedenken der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft regeln und schützen. Dass ein Kommandant zweier Konzentrationslager unter dieses Recht fällt, liegt unter anderem daran, dass laut Gräbergesetz auch diejenigen besondere Beachtung verdienten, „die in der Zeit vom 26. August 1939 bis 31. März 1952 während ihres militärischen oder militärähnlichen Dienstes gefallen oder an den Folgen von erlittenen Gesundheitsschädigungen gestorben sind“. Baranowski starb nach langer Krankheit im Februar 1940 eines natürlichen Todes.

In einer früheren Antwort im vergangenen Juni teilte der Senat der Abgeordneten Schneider noch mit, dass der Friedhofsverwaltung in Ohlsdorf keine Unterlagen vorlägen, „die bestätigen, dass Hermann Baranowski auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt wurde“. Als Grund für diese Annahme nannte der Senat fehlende Eintragungen in den Archiven für Feuer-und Sargbestattungen. Dabei belegen Unterlagen der Friedhofsverwaltung Ohlsdorf das Gegenteil: Baranowski wurde tatsächlich nach seinem Tod eingeäschert und später in das Kriegsgrab umgebettet. Dem Senat seien versehentlich falsche Auskünfte gemacht worden, heißt es in der Antwort. „Die Grabstätte von Hermann Baranowski war und ist als ein Kriegsgrab gemäß Gräbergesetz eingestuft und wurde beziehungsweise wird so behandelt“.

„Ich habe kein Verständnis dafür, dass das Grab des KZ-Kommandanten Baranowski auf Grundlage des Gräbergesetzes ohne zeitliche Befristung mit Steuergeldern gepflegt wird“, sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete André Hahn, der zusammen mit seiner Parteikollegin Christiane Schneider an der schriftlichen kleinen Anfrage gearbeitet hat und das Thema auch im Bundestag behandeln will.

„Diese Art des Gedenkens, das bei Kriegsgräbern überhaupt nicht zwischen Tätern und Opfern unterscheidet, kommt einer Verhöhnung der Opfer der Nazi-Herrschaft gleich“, sagt Hahn. Im Gräbergesetz müsse jetzt klargestellt werden, dass NS-Verbrecher nicht als Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gelten können.

Auf die Frage der Linken-Abgeordneten Schneider, ob noch weitere Angehörige von NS-Organisationen über das Gräbergesetz gepflegt werden, konnte der Senat keine klare Antwort geben. Eine Stichprobe aus 50.000 Personen habe aber ergeben, „dass sich darunter auch SS-Angehörige befinden“, teilt der Senat mit.

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