Ein Weltenlenker voller Frust und Verzweiflung

Bei der Eröffnung des 25. Klimagipfels in Madrid fordert UN-Generalsekretär Antonio Guterres mehr Klimaschutz, vor allem von G20-Ländern. Aber die spielen weiter auf Zeit

Will das Klima und die eigene Bedeutung retten: UN-Generalsekretär Antonio Guterres wird von Gastgeber Pedro Sanchez in Madrid begrüßt Foto: Andrea Comas/ap

Von Bernhard Pötter

So richtig diplomatisch war der oberste Weltdiplomat nicht mehr: „Was mich frustriert, ist das langsame Tempo des Wandels, wo wir doch alle Techniken und Mittel haben“, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres am Montag bei der Eröffnung der 25. UN-Klimakonferenz (COP25) in Madrid. Die Menschen müssten den „Krieg gegen die Natur stoppen“. Und er forderte, „alle Regierungen müssen sich jetzt zu neuen Klimaplänen verpflichten“.

Guterres’ Frust rührt auch daher, dass er es besser weiß: Die Länder mit großen CO2-Emissionen werden sich in Madrid wohl bedeckt halten. Denn abgerechnet wird es bei der nächsten COP in einem Jahr in Glasgow. Deswegen ging er die „großen Verschmutzer“ der G20-Länder direkt an: Sie müssten endlich den Umbau ihrer Volkswirtschaften beginnen: keine neuen Kohlekraftwerke bauen, ein klares Ziel von Null-Emissionen für 2050 formulieren, fossile Subventionen streichen. „Ohne das volle Engagement der großen Verschmutzer“, so Guterres, „werden alle Anstrengungen unterminiert.“

Der UN-Chef sucht mit dem Mut der Verzweiflung Mitstreiter für seine „Ambitionsallianz“, die er auf seinem „Klima-Aktions-Gipfel“ im September in New York gegründet hatte. Dort wollte er nur denen Redezeit einräumen, die sich zu diesen Maßnahmen verpflichten. Aber die großen Verschmutzer zeigten dem UN-Chef die kalte Schulter. Verpflichtungen zu schärferen Klimazielen kamen nur von etwa 70 kleineren Staaten. Alle anderen spielen auf Zeit – oder auf Ausstieg, wie die USA.

In Madrid sprach in der Runde der Chefs immerhin die neue Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen (CDU), Guterres Mut zu: Der „Green New Deal“ der EU werde im nächsten Jahrzehnt eine Billion Euro mobilisieren. Zudem komme im März ein EU-Klimagesetz, das neben dem Emissionshandel auch Recycling, Landwirtschaft und Artenvielfalt adressiere und auch alle mitnehmen werde: „Der Übergang funktioniert für alle oder überhaupt nicht“, versprach von der Leyen. Einen konkret verschärften Klimaplan nannte aber auch die neue EU-Chefin, gerade zwei Tage im Amt, nicht.

„Guterres versucht, die Lücke zu füllen, die die USA beim Klimaschutz hinterlassen“, sagt Susanne Dröge, Klimaexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Aber dazu fehlen ihm die Mittel. Er hat auf seinem Gipfel in New York alle diplomatischen Hebel in Bewegung gesetzt, aber der Erfolg ist mäßig.“ Er kämpfe beim globalen Thema Klima auch immer um die Bedeutung seiner eigenen Organisation, die von den USA und anderen Nationalisten an den Rand gedrängt werde.

Dem Generalsekretär liegt das Thema am Herzen: Bei der letzten COP in Kattowitz erschien er nach seiner Auftaktrede noch einmal überraschend am Ende des Treffens, um den Verhandlungen Nachdruck zu verleihen. Seit einer Reise durch Pazifikstaaten im Frühjahr hat er intern die Sprachregelung geändert. Seitdem redet die UN offiziell nicht mehr vom „Klimawandel“, sondern vom „Klima-Notfall“. Und in Madrid kämpft Guterres auch erst einmal für die Finanzierung seiner Angestellten: Dem UN-Klimasekretariat geht das Geld aus. Vom laufenden Haushalt von knapp 35 Millionen Euro, heißt es bei der UNO, fehle bisher ein Drittel, weil die Staaten ihre Verpflichtungen nicht erfüllen.