Fridays for Future-Sprecherin zum Streik: „Wir sagen es der Politik noch mal“

Mehrere zehntausend Protest-TeilnehmerInnen erwartet FFF am Freitag in Berlin. Sprecherin Emma Fuchs fordert von der Politik Ergebnisse.

Menschen laufen hinter einem transparent auf einer Demop

„Wir brauchen Ergebnisse“, sagt Emma Fuchs von Fridays for Future Berlin Foto: dpa

taz: Frau Fuchs, seit fast einem Jahr streiken Kinder und Jugendliche jeden Freitag in Berlin, aber in der Politik ist fast nichts passiert. Ist das nicht frustrierend?

Emma Fuchs: Es ist natürlich frustrierend zu sehen, dass die Politik so wenig macht, obwohl wir jede Woche auf der Straße sind. Aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sich in Zukunft mehr tun wird. Das Thema Klima ist das wichtigste Thema überhaupt in der Politik geworden und auch in der Gesellschaft hat sich ein ganz neues Bewusstsein gebildet. Diesen Erfolg würde ich uns zuschreiben.

Sollte Fridays for Future vielleicht ein bisschen radikaler agieren?

Im Prinzip betreiben wir ja zivilen Ungehorsam: Es ist für manche Leute schon ziemlich radikal, dass wir jeden Freitag nicht zur Schule gehen. Und unsere aktuelle Strategie ist, dass wir bei dieser Protestform bleiben, denn das ist unglaublich unbequem für die Politik, wenn sie sehen, dass so massenhaft Schülerinnen und Schüler und Studierende quasi ihre Bildung aufgeben, um für ihre Zukunft zu kämpfen.

Am 20. September waren in Berlin 270.000 Millionen Menschen auf der Straße, aber die Bundesregierung hat nur ein dünnes Klimapaket verabschiedet. Am Freitag ruft FFF erneut zu einem globalen Streik auf. Warum sollte die Bundesregierung darauf anders reagieren?

Also, die Politik sollte natürlich schon seit Ewigkeiten etwas tun, aber am 29. November sagen wir es ihr einfach noch mal. Und damit werden wir nicht aufhören, auch in Zukunft nicht. Am Freitag greifen wir eine Thematik spezieller auf, nämlich die der Klimagerechtigkeit, denn wir sind eine Klimagerechtigkeitsbewegung. Die Klimakrise ist eine riesige Ungerechtigkeit gegenüber unserer Generation, gegenüber allen nachfolgenden Generationen, gegenüber dem globalen Süden und natürlich gegenüber dem Planeten – und das müssen wir der Politik einfach nochmal ganz, ganz stark aufzeigen.

Wie viele Menschen werden am Freitag in Berlin demonstrieren?

Ich schätze irgendwas zwischen 30.000 und 200.000. Es wird auf jeden Fall kleiner werden als im September, weil es einfach nicht möglich ist, in so kurzer Zeit zweimal so stark zu mobilisieren. An diesem Tag achten wir aber auch mehr auf die Qualität des Streiks, es ist auch ein Klimaaktionstag, das heißt der Fokus soll mehr auf der Aktion an sich liegen und nicht auf den Zahlen. Die großen Zahlen – und damit den Beweis, dass ein Großteil der Gesellschaft hinter uns steht – hatten wir am 20. September.

Für Freitag hat Fridays for Future zum vierten „globalen Klimastreik“ aufgerufen. Es werde Demonstrationen in hundert deutschen Städten geben, heißt es auf der Website des Bündnisses. Anlass ist unter anderem die UN-Klimakonferenz Anfang Dezember in Madrid. Die Proteste richten sich auch gegen das im September verabschiedete und als ungenügend kritisierte Klima-„Päckchen“ der Bundesregierung: „In einer Zeit, in der die Wissenschaft so deutlich wie nie zuvor die Notbremse fordert und die größten Teile der Gesellschaft ebenfalls bereit wären umzusteuern, ist das eine Katastrophe“, so die AktivistInnen.

In Berlin und Umgebung sind unter anderem Demonstrationen um 12 Uhr am Brandenburger Tor und am Stadthaus Teltow, um 11.30 Uhr am Bahnhof Falkensee sowie um 15 Uhr in Schöneiche geplant. Weitere Infos unter fridaysforfuture.de. (taz)

Wieso gibt es in den Forderungen von FFF Deutschland keine Forderung nach einem generellen Wahlrecht ab 16? Immerhin will man bei politischen Prozessen berücksichtigt werden.

Das ist ein sehr interessanter Gedanke. Aber bei unseren Forderungen, die wir im April aufgestellt haben, haben wir uns mehr darauf fokussiert, was nötig ist, um das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten.

FFF Hamburg und FFF Brandenburg haben bereits konkrete Forderungen für ihr Bundesland aufgestellt. Was würde in so einem Forderungenkatalog für Berlin stehen?

Ganz viele Klimaschutzmaßnahmen, die einfach auf eine Stadt passen, zum Beispiel fahrradfreundlicher werden. Eine Möglichkeit wäre auch, den Klimanotstand auszurufen. Allerdings ist es so, dass in vielen Orten Deutschlands das schon passiert ist – und danach wurde nicht dementsprechend gehandelt, es wurden keine Maßnahmen ergriffen, um diesen Klimanotstand abzuwehren. Das heißt, es ist mehr Symbolpolitik.

Die Forderungen, die FFF für 2019 aufgestellt hat, sind kurz vorm Scheitern. Was wird für 2020 gefordert?

Wir werden trotzdem weiter an den Forderungen bis Ende 2019 festhalten. Wir wollen immer noch eine höhere CO2-Steuer. Wir wollen immer noch ganz, ganz schnell aus der Kohle raus, und wir hassen immer noch die Subventionen für fossile Energieträger, die unbedingt aufhören müssen. Ansonsten haben wir immer noch unsere Klimaziele bis 2030 und 2035.

Ein Anlass für den Streik am Freitag ist die UN-Klimakonferenz. Aber was genau fordert FFF von der Konferenz?

Wir fordern auf jeden Fall Maßnahmen auf die Wege zu bringen, die das 1,5 Grad-Ziel einhalten: Das müssen wir erreichen, um unsere Lebensgrundlage zu schützen und zu erhalten. Es müssen auf jeden Fall Ergebnisse rauskommen. Es kann nicht sein, dass die da einfach nur sitzen und diskutieren und im Endeffekt überhaupt nicht handeln.

Also nicht nur ein Paris-Vertrag, der völkerrechtlich bindend ist, sondern auch eine Einigung, dass Strafzahlungen fällig sind, wenn bestimmte Klimaziele nicht eingehalten werden?

An sich ist es natürlich schon ein Verbrechen, dass so viele Länder Klimaschutzziele nicht einhalten, auch Deutschland. Ein Beispiel dafür sind die Klimaziele für 2020, die fünf Jahre später erst erreicht werden, obwohl versprochen wurde, dass diese eingehalten werden. Das ist absolut skandalös und natürlich wünscht man sich dann schon etwas mehr Gerechtigkeit. Die Politik lügt uns an und wir müssen unglaublich darunter leiden. Strafzahlungen sehe ich aber eher kritisch.

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