piwik no script img

Weniger Knast, Steuergeld gespart

Ein niedersächsisches Projekt hilft Straffälligen, ihre Geldstrafe zu zahlen, damit sie nicht in Haft müssen

Das niedersächsische Projekt „Geldverwaltung statt Ersatzfreiheitsstrafe“ hat im vergangenen Jahr 2.217 finanziell überforderte Straffällige in Niedersachsen vor dem Knast bewahrt und damit auch öffentliche Gelder in Millionenhöhe gespart. Die Betroffenen hätten eine der landesweit 14 Anlaufstellen für Straffällige aufgesucht und in eine Verwaltung ihres Geldes eingewilligt, teilte die Diakonie im Oldenburger Land mit.

Ziel der Begleitung ist es, die Hilfesuchenden bei der Zahlung ihrer Geldstrafen zu unterstützen und so Ersatzfreiheitsstrafen wegen Nichtzahlung zu vermeiden.

Das deutsche Strafgesetz sieht im Wesentlichen nur zwei Sanktionen vor: Freiheits- und Geldstrafen. Mittellose Verurteilte, die die Geldstrafen nicht bezahlen können, müssen oft Ersatzfreiheitsstrafen antreten.

Um das zu verhindern, ermitteln die Anlaufstellen im Projekt „Geldverwaltung statt Ersatzfreiheitsstrafe“ seit 2010 mit den Verurteilten eine tragbare Ratenhöhe zur Zahlung der Geldstrafe. Ist die Staatsanwaltschaft mit dem Betrag einverstanden, tritt der Verurteilte seine Einkünfte ab, in der Regel sind das Ansprüche auf Sozialleistungen. So soll die Ratenzahlung, die dann über die Anlaufstellen läuft, garantiert werden. Beteiligt sind Beratungsstellen von Diakonie, Paritätischem Wohlfahrtsverband und Caritas.

Knapp ein Drittel der Betroffenen habe die Strafe abbezahlt, sagte der Diakonie-Straffälligenreferent Kai Kupka. In zwei Dritteln der Fälle liefen die Zahlungen noch. „Nur in drei Prozent der Fälle blieb der Erfolg aus.“

Insgesamt seien so 31.090 Hafttage vermieden worden, sagte Kupka. „Das entspricht einem Gefängnis mit 85 Plätzen, das das Land Niedersachsen nicht vorhalten musste.“ Neben der dadurch möglichen Ersparnis von über fünf Millionen Euro seien 566.708 Euro an Geldstrafen bezahlt worden. Ein Hafttag kostet etwa 162,66 Euro.

Auch die Bremische Straffälligenhilfe bietet seit 2012 ein vergleichbares Angebot an. Die Straffälligenhilfe in Berlin vermeidet die Vollstreckung durch Ratenzahlungen seit 2014. In Bayern läuft seit September 2018 ein zunächst befristeter Modellversuch nach niedersächsischem Vorbild. (epd)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen