: Wenigstens ein Dach über dem Kopf
Im Universum wird diese Woche ein „Little Home“ für Obdachlose gebaut. Die Idee von Kleinsthäusern ist in Bremen zuvor schon einmal an schlechten Absprachen gescheitert
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VonLotta Drügemöller
Was braucht der Mensch zum Wohnen? Vier Wände, ein Dach, ein Bett, ein Campingklo? Sven Lüdicke vom Verein „Little Homes“ will Obdachlosen zumindest diesen Mindeststandard bieten. „Adäquaten Wohnraum bieten wir nicht“, sagt er. „Nur einen Schutzraum. Aber nichts zu machen, ist auch keine Lösung.“ Ab Donnerstag will er mit einem Kollegen, der als ehemaliger Obdachloser selbst in einem der Kleinsthäuser gelebt hat, im Universum vor Publikum ein Little Home für Bremen bauen.
Finanziert ist das Häuschen, das mit Material und Arbeitszeit etwa 2.000 Euro kostet, über Spenden. „Bremen bekommt sein erstes Little Home“, bewirbt das Universum die Aktion. Doch das stimmt nur bedingt: Die Idee der Kleinsthäuser ist hierzulande älter. Schon vor vier Jahren hat die Bremer Künstlerin Alexandra Bremer ein Haus entworfen, das ähnliche Funktionen erfüllen sollte: Es ist nicht größer als ein Parkplatz, hat Räder, bietet ein Bett, Regale und Licht.
Die Umsetzung scheiterte damals an mehreren Punkten: Zunächst legte die Baubehörde Steine in den Weg. Man könne das Häuschen nicht einfach auf ungenutzte Flächen oder einen Parkplatz stellen – schon aus Versicherungsgründen. Später wollte, so sagt Bremer, die Innere Mission sich um die Aufstellung kümmern. Fünf Häuschen habe sie für den freien Träger bauen sollen; doch der erinnerte sich schon bald nicht mehr an einen solchen Auftrag.
Die meisten der Minihäuser stehen deshalb noch heute in Bremers Garten. In einem hat eine Zeit lang ein Obdachloser gewohnt, für eine Miete von einem Euro. Ein sechstes, noch kleineres Modul hatte sie an einen rumänischen Obdachlosen verschenkt – er wohnt damit unter einer Brücke in der Neustadt. Ob er das darf? „Er wird jedenfalls nicht geräumt“, so Bremer.
Im Fall des Little Homes ist eine Genehmigung laut Lüdicke nicht erforderlich. Er hat das Angebot eines privaten Unternehmens, auf dessen Grundstück das Haus abgestellt werden kann. Für jeweils drei Monate kann es dort stehen; dann wird entschieden, ob der oder die Bewohner*in bleiben kann.
Lüdicke sieht die Drei-Monats-Frist als quasi-pädagogisches Mittel: „Wer den Platz bekommt, muss sich dort eben auch an Regeln halten“, sagt er. Klar sei aber selbst bei Regelverstößen: „Wir nehmen den Bewohnern nicht das Little Home wieder weg, nur den Platz.“
In Wirklichkeit stecken rechtliche Gründe hinter der Befristung: Alles, was länger als sechs Monate an einem Ort steht, kommt ins Melderegister und unterliegt einer Art Bestandsschutz. „Das wollen die Anbieter der Flächen nicht so gerne, falls sie das Gelände doch mal selbst brauchen“, so Lüdicke. Dank der Räder und der kurzen Verweildauer auf Privatgelände sei auch keine Baugenehmigung erforderlich. „Das Bauamt will in allen Städten immer gerne mitmischen. Aber wir brauchen ihre Zustimmung nicht für die Häuschen mit weniger als acht Quadratmeter Grundfläche.“
Baubehördensprecher Jens Tittmann will das so nicht bestätigen: Erst müsse man die Rechtslage prüfen. „Brandschutz oder Baustatik müssen kontrolliert werden“, sagt er. „Aber sicher fänden sich Punkte, die es erleichtern, die Häuser zu genehmigen – eventuell könnte man sie als Schutzhütte einschätzen.“
Eine andere Frage ist, ob Little Homes politisch erwünscht sind. Schließlich hat sich Bremen mit dem „Housing First“-Ansatz das Ziel gesetzt, echte Wohnungen für Obdachlose zu schaffen – Little Homes haben dagegen weder Strom- noch Wasseranschluss. „Wir können aber nicht von vornherein ausschließen, dass Tiny Houses trotzdem für einige Betroffenen eine Übergangslösung sein könnten“, sagt Bernd Schneider, Sprecher der Sozialsenatorin. Das müsse politisch diskutiert werden.
Mehr als eine Übergangslösung möchte Lüdicke auch gar nicht bieten. „So wollen wir nicht gesehen werden. Echten Wohnraum müssen die Städte und Länder schaffen.“
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