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Neuer Firmensitz für Tesla

Der US-amerikanische E-Auto-Pionier will in Brandenburg eine Fabrik bauen, die für den europäischen Markt produziert. Grünheide setzte sich gegen westdeutsche Standorte durch

Tesla-­Produktion in den USA: Bald könnte dieser Sitz in Brandenburg in ein E-Auto montiert werden Foto: Christie Hemm Klok/NYT/Redux/laif

Von Anja Krüger

Ostdeutschland entwickelt sich zur Wiege der deutschen Elektromobilität: Der schillernde E-Auto-Pionier Elon Musk will im brandenburgischen Grünheide das zentrale Tesla-Werk für Europa errichten. Ab Ende 2021 soll die Produktion der Öko-Autos beginnen. Außerdem soll in Berlin ein Ingenieurs- und Designzentrum entstehen.

Völlig überraschend kündigte Musk bei der Preisverleihung des „Goldenen Lenkrads“ in Berlin den Bau der Fabrik an. Der Preis wird von der Bild am Sonntag und der Auto Bild vergeben. „Die besten Autos der Welt sind made in Germany“, sagte Musk und lobte die deutsche Ingenieurskunst. Sie sei der Grund, warum das „Riesenwerk“ in Deutschland gebaut werde. Laut Berliner Wirtschaftsverwaltung sollen dort bis zu 7.000 Arbeitsplätze entstehen. Für Tesla wäre das Werk neben Fabriken in Nevada, New York und Schanghai die vierte „Giga-Fabrik“. Tesla hat bei E-Autos in Europa einen Marktanteil von schätzungsweise 30 Prozent.

Nach monatelangen Verhandlungen hat Grünheide im Oder-Spree-Kreis, 35 Kilometer vom Berliner Zentrum entfernt, den Zuschlag für die Produktion bekommen. Die Bundesregierung und eine Reihe von Landesregierungen hätten den Prozess konstruktiv begleitet, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Als Standorte gehandelt worden waren auch NRW, Niedersachsen und das Saarland. „Die Entscheidung von Tesla, eine hochmoderne Fabrik für Elektroautos in Deutschland zu errichten, ist ein weiterer Beweis für die Attraktivität des Automobilstandorts Deutschland“, erklärte Altmaier. „Es ist zugleich auch ein Meilenstein beim Ausbau von Elektromobilität und Batteriekompetenz.“

Das Werk soll in einem Industriegebiet entstehen, das schon einmal für die Ansiedlung einer BMW-Fabrik im Gespräch war. Ostdeutschland hat sich zum Schwerpunkt der deutschen E-Auto-Industrie entwickelt. In Zwickau baut VW seine konventionelle Fabrik um und wird dort künftig nur noch E-Autos produzieren. Porsche und BMW fertigen Öko-Fahrzeuge in Leipzig, Daimler stellt in der Lausitz Lithium-Ionen-Batterien her.

Dass Tesla nicht nach Sachsen geht, hängt nach Auffassung von Jörg Brodmann von der IG Metall Zwickau mit dem benachbarten Berlin zusammen. „Wenn man die Nähe zur Forschung haben will, ist der Standort in Brandenburg reizvoll“, sagte er. Möglicherweise war auch entscheidend, dass die Löhne im Osten nach wie vor niedriger sind als im Westen. Aber mit Lohndumping wird der Konzern nicht weit kommen, ist Brodmann überzeugt. „Für die Autoproduktion sind qualifizierte Fachleute erforderlich, die in drei Schichten arbeiten.“ Zurzeit fehlen Fachkräfte.

Nach Angaben des brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) hat seine Regierung verschiedene Standorte angeboten, Tesla habe sich für Grünheide entschieden. In der Nähe liegt der neue, aber noch nicht fertiggestellte Berliner Flughafen. Am Dienstag haben beide Seiten eine Art Absichtserklärung unterschrieben. Es handelt sich nach Angaben des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums aber noch nicht um einen Vertrag.

In welcher Höhe Tesla mit Subventionen rechnen kann, ist noch unklar. „Das steht noch nicht fest“, sagte eine Sprecherin des Landeswirtschaftsministeriums. „Es sind noch keine Anträge gestellt worden.“ Woidtke zufolge sind Tesla Zusagen für Subventionen im Rahmen des EU-Beihilferechts gemacht worden.

Anfänge Sein Startkapital verdiente er als Mitgründer des Bezahldienstes Paypal, den er dann an Ebay verkaufte. Er war Geburtshelfer der Firma Solar City. Und keine Frage: Ohne Tesla wäre die Elektromobilität nicht so weit wie heute. Tesla-Chef Elon Musk ist der Superstar der Tech-Szene.

Höhenflüge Mit Elektromobilität gibt sich der Multimilliardär aber nicht zufrieden. Mit seiner Raketenfirma SpaceX will er das Weltall zum Ziel für Touristen machen, fliegende Autos bauen. Musks Boring Company soll zudem Verkehrschaos durch Tunnel beseitigen und so den Personentransport revolutionieren. Passend dazu dachte sich der 48-Jährige den Hyperloop aus – eine Art futuristische Rohrpost, die Menschen im Eiltempo befördern soll.

Kritik Manche halten Musk hingegen für einen Hochstapler. Tatsächlich hat er mit Tesla noch nie einen Jahresgewinn gemacht und seine Ziele häufig verfehlt oder zumindest nur mit Verspätung erreicht.

Wirtschaftsvertreter bejubelten Musks Ankündigung. Sie sei fast „wie ein vorgezogenes Weihnachtsfest“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Der Präsident des Autolobbyverbands VDA, Bernhard Mattes, begrüßte die Entscheidung. „Sollten die Pläne in einigen Jahren umgesetzt werden, bedeutet dies einen weiteren Schub für die Elektromobilität“, sagte er.

Auch der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist angetan. „Die Entscheidung ist grundsätzlich positiv“, sagte Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Durch das Werk würden Arbeitsplätze geschaffen. „Das ist ein Weckruf an die deutschen Autohersteller“, sagte er. „Das ist eine klare Kampfansage.“ VW habe sich zwar auf den Weg in das E-Mobilitätszeitalter gemacht, aber die übrigen Hersteller bräuchten noch einen Anschub. Tesla sei in vielerlei Hinsicht weiter als die deutsche Konkurrenz, etwa bei der Batterieherstellung. Hier könnten Allianzen geschmiedet werden, die auch den deutschen Autobauern nutzen. Denn die Klimabilanz eines E-Autos ist auch abhängig von den Produktionsbedingungen. Erfolge die Fertigung mit Strom aus erneuerbaren Energien – und in diesem Bereich liegt Brandenburg im bundesweiten Vergleich an der Spitze –, könnte das ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Batterien aus China sein.

Die Linkspartei mahnte zur Vorsicht. „Leider ist Herr Musk in den USA nicht nur durch positive Visionen aufgefallen, sondern auch durch schlechte Arbeitsbedingungen und Gewerkschaftsfeindlichkeit“, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion im Brandenburger Landtag, Sebastian Walter. Bei aller Freunde müsse die Landesregierung bei der Ansiedlung die Augen offen halten, forderte er: „Auch Tesla muss sich an die Regeln der Guten Arbeit, an das Betriebsverfassungsrecht und an die Tarifbindung halten.“