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Begrenzt in Feierlaune

Die Berliner Clubcommission hat anlässlich 30 Jahren Mauerfall einen Clubaustausch mit 27 anderen Party-Institutionen in Europa organisiert. Nicht alle Clubs finden das super

„Diese Kampagne zeigt, warum Feiern politisch ist“

Lutz Leichsenring, Clubcommission

Von Luise Land

Seit September 2015 steht am Eingang von Berliner Clubs wie dem Festsaal Kreuzberg eine kleine Blechdose: „Plus 1 – Refugees Welcome“. Das Prinzip: Alle Leute, die auf der Gästeliste stehen, werden gebeten, mindestens einen Euro zu spenden. Das Geld geht dann an verschiedene Flüchtlingsinitiativen. „Genau diese Kampagne zeigt, warum Feiern politisch ist“, sagt Lutz Leichsenring von der Berliner Clubcommission. Auch an diesem Samstag, dem Tag des Mauerfalls vor 30 Jahren, will sich die Clubcommission inklusive der Berliner Clubszene wieder politisch zeigen.

Mit der „European Clubnight 2019“ am Samstagabend will die Clubcommission ein Zeichen setzen, nämlich dafür, dass sie keine Grenzen kenne. Für die meisten Europäer*innen sei es heute selbstverständlich, frei zu reisen, zu arbeiten und zu feiern, so Leichsenring. Mit dem Europäischen Clubaustausch wolle die Clubcommission den Menschen die Möglichkeit geben, sich über die Werte und Errungenschaften in Europa bewusst zu werden.

Mit dieser Veranstaltung will die Berliner Clubszene auch den 70. Jahrestag des Endes der Berliner Sperrstunde feiern. Denn die Tatsache, dass rund um die Uhr Party gemacht werden könne, sei auch ein Grund, warum Berlin als eine so freiheitliche Stadt wahrgenommen werde.

27 Berliner Clubs haben mit 27 europäischen Clubs einen Künstler*innen-Austausch organisiert: Die Wilde Renate in Friedrichshain beispielsweise feiert am Samstag mit Gästen aus Finnland, das Kater Blau am Holzmarkt bekommt Besuch aus Estland.

Finanziert wird die europäische Partynacht durch Fördergelder vom deutschen Auswärtigen Amt und durch verschiedene Kulturprojekte. Michelle Müntefering, Staatsministerin für internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, und Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) sollen das Opening im Techno-Club Tresor um 20 Uhr eröffnen. Im Anschluss will die Clubcommission ein Manifest für die Clubkultur vorstellen und von den anwesenden Clubs unterzeichnen lassen. Mit dem Manifest will man eine gemeinsame europäische Grundhaltung zu Themen wie Nachhaltigkeit, Diversität und Awareness schaffen.

Nicht alle Clubs finden das gut. Manche Mitglieder der Commission hätten sich bewusst dagegen entschieden, erzählt Leichsenring. Anias Meier und sein Club- und Kulturhaus Mensch Meier, zum Beispiel. Meier findet den grenzen-überwindenden Austausch von Kunst und Kultur gut, doch eines sehe er sehr kritisch: die Finanzierung durch das Auswärtige Amt. „Dieses Amt für Discowashing will unser Club mit einer Teilnahme an der Partynacht zum Mauerfall nicht unterstützen.“

Mit Discowashing meint er den Versuch des Auswärtigen Amts, sich durch die Finanzierung der Europäischen Clubnacht als grenzenüberwindende Institution darzustellen. Gleichzeitig würde das Amt jedoch am Aufbau der Organisation Frontex mithelfen, die dazu beitrage, dass die EU-Grenzen zu den tödlichsten Außengrenzen der Welt würden.

Irgendjemand müsse das Ganze bezahlen, sagt Leichsenring dazu. Er will lieber das Positive betont wissen: der Austausch innerhalb Europas, der dank des Sponsors ermöglicht werde.

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