: Sanktionen für das Opfer
In der ukrainischen Liga zeigt der brasilianische Fußballer Taison nach rassistischen Bekundungen seine Wut und wird dafür vom Platz gestellt
Aus Kiew Bernhard Clasen
Es ist das Gipfeltreffen des ukrainischen Fußballs. Doch ein Rassismusskandal überschattete das Zusammentreffen von Dynamo Kiew und Schachtar Donezk am Sonntag. Als der brasilianische Kapitän von Schachtar Donezk, Taison, in der 76. Minute in einem Konter einen Alleingang auf das gegnerische Tor unternimmt, schwillt das Geheule aus der Kurve der Fans der Mannschaft von Dynamo Kiew an. Es sind rassistische Beschimpfungen zu hören, die Fans ahmen Affenlaute nach.
Kurz nachdem Taison vor dem Tor noch gestoppt wird, nimmt er wütend den Ball in die Hand und kickt ihn in Richtung der Fankurve von Dynamo Kiew. Anschließend zeigt er den Anhängern dort den Mittelfinger. Sofort unterbricht Schiedsrichter Mykola Balakinwas das Spiel. Unterdessen versuchen der Torwart von Dynamo Kiew, Heorhij Buschtschan, und Mittelfeldspieler Viktor Tsygankov, auf ihre Fans einzuwirken. Weinend begeben sich die brasilianischen Spieler Taison und Dentinho in die Kabine. Dabei werden sie von zwei Spielern der gegnerischen Mannschaft begleitet, die sie trösten.
Nach der Unterbrechung bestrafte der Schiedsrichter Taison mit einer Roten Karte. Trotzdem konnte Schachtar Donezk den 1:0-Vorsprung bis zum Spielende verteidigen. Schachtar Donezk verurteilte die rassistischen Pöbeleien: „Schachtar lehnt jeglichen Rassismus, jegliche Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundene Intoleranz kategorisch ab. Ein solches Verhalten ist in zivilisierten Ländern und bei Fußballspielen nicht akzeptabel. […]. Wir verurteilen dieses Verhalten, wir werden immer zur Unterstützung und zum Schutz unserer Spieler handeln. Wir fordern die Fußballbehörden und Vereine auf, den Rassismus in den Stadien zu stoppen“, heißt es in der Erklärung.
Kapitän Taison steht zu seinen Tränen. „Es waren Tränen der Wut und der Hilflosigkeit. Hilflosigkeit, weil ich in diesem Augenblick nichts tun konnte. Aber wir haben früh gelernt, stark zu sein und zu kämpfen. Für unsere Rechte und für unsere Gleichberechtigung“, schreibt der Brasilianer auf Instagram. „In einer rassistischen Gesellschaft reicht es nicht aus, selbst kein Rassist zu sein. Wir müssen antirassistisch sein“, so Taison. Weltweit sprechen brasilianische Fußballprofis, unter ihnen der Kapitän der brasilianischen Nationalmannschaft, Neymar, und der Mittelfeldspieler von Manchester City, Fernandinho, Maison und Dentinho ihre Solidarität aus.
Auch der bei dem Spiel mit 0:1 unterlegene Verein FC Dynamo Kiew verurteilte das Verhalten der Fans. „Fußball ist kein Ort für Rassismus #NoToRacism“ kommentierte er auf seiner Facebook-Seite. In der Nacht zum Montag veröffentlichte Dynamo Kiew eine etwas längere Erklärung. Darin verurteilt der Verein erneut die rassistischen Pöbeleien. Gleichzeitig weist er aber auch darauf hin, dass das Problem der Intoleranz nicht nur ein Problem bestimmter Vereine sei. Man erwarte auch vom ukrainischen Fußballverband mehr Engagement in dieser Richtung. Nur mit Geldstrafen auf derartige Vorfälle zu reagieren reiche nicht, so der Verband. Man müsse mit der Fanszene in einen aktiven Dialog treten. Gleichzeitig bot Dynamo Kiew den Ermittlungsbehörden an, bei der Aufklärung der Vorkommnisse vom Sonntag zusammenzuarbeiten.
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