: Ein Sozialdemokrat mit Prinzipien
Mit 99 ist der langjährige SPD-Senator, Uni-Gründer und Kurt-Hübner-Entlasser Moritz Thape gestorben
VonJan Zier
Es wäre gemein, ihn nun auf denjenigen zu reduzieren, der damals Kurt Hübner rausgeworfen hat. Also den in der Fachwelt so umjubelten und ebenda bis heute heiß verehrten Intendanten des Bremer Theaters. Es wäre gemein – nicht nur, weil man über Tote nichts Böses sagen soll und SPD-Politiker Moritz Thape sich ja wirklich allerlei Verdienste erworben hat. Sondern auch, weil, wenn man ehrlich ist, Hübners Ende (bei allem, was sich Positives über ihn sagen ließe) schon auch eines in Arroganz war.
Und damit ist jetzt nicht die Geschichte gemeint, bei der Hübner einen Hampelmann mit Thapes Konterfei ins Klo gehängt hat. Aber zum Beispiel die, bei der Hübner 60.000 D-Mark – heute wären das etwa 100.000 Euro – für eine Kulisse ausgegeben hat, die dann einfach weggeworfen wurde. Er habe Hübner „zu Recht“ rausgeworfen, sagte Thape 2013 im taz-Interview, also genau 40 Jahre danach, und dass es ihn nicht störe, dass er in der Historie nun den Buhmann abgeben muss. Auseinandersetzungen hat Moritz Thape nie gescheut.
Allerdings hatte er zu jener Zeit, in der er ja nicht nur Kultur- sondern auch Bildungs- und Wissenschaftssenator war, eh ganz andere Sorgen: „Wir mussten Schulen bauen, Schulen bauen und nochmals Schulen bauen.“ Bremen war damals eine der kinderreichsten deutschen Großstädte. Und dann waren da all die Auseinandersetzungen um die Bremer Uni, deren Gründung ja ebenfalls in Thapes Amtszeit fiel. „Für die habe ich so viel Prügel bekommen, dass ich mir ihre Gründung als Lob anrechne“, sagte Thape später. Dass sie damals als (später verschrieene) „rote Kaderschmiede“ entstand, war durchaus nicht so ganz in Thapes Sinne. Trotzdem stand er loyal zu ihr, und natürlich war er stolz, als daraus eine „Exzellenz-Uni“ wurde. „Das Theater war eine Marginalie“, so Thape 2013 über die damalige Zeit.
1920 in Zürich geboren, lernte er zunächst Maschinenschlosser. Den Nazis galt er als „politisch unzuverlässig“, aus ihrem Krieg kehrte er verwundet heim. 1948 entging er als Journalist in Halle/Saale einer Verhaftung durch die Sowjets, indem er in den Westen floh, wo er der SPD beitrat und Chefredakteur des Parteiblatts wurde, eh er 1959 in die Bremische Bürgerschaft einzog, SPD-Landeschef wurde und 20 Jahre lang im Senat saß. Zuletzt musste er als Finanzsenator den Haushalt konsolidieren.
Seiner SPD war er stets treu, so wie sich selbst – alle Nachrufe würdigen ihn über Parteigrenzen hinweg und zurecht als „geradlinig“. Auch in hohem Alter konnte er noch wohlinformiert und engagiert debattieren. Nun ist er mit 99 nach kurzer Krankheit verstorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen