Maut-Desaster wird unter Eid aufgeklärt

Ende November soll der Scheuer-Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Straßengebühr die Arbeit aufnehmen

Von Anja Krüger

Der Untersuchungsausschuss kommt auf den Weg, der das teure Scheitern der Pkw-Ausländer-Maut aufklären soll: Der Bundestag wird am Freitag über einen gemeinsamen Antrag von Grünen, FDP und Linkspartei zur Einrichtung des Ausschusses beraten. Der Ausschuss soll die Umstände offen legen, unter denen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Verträge für die umstrittene Pkw-Maut mit den Betreibern ausgehandelt und geschlossen hat. Ende November soll er seine Arbeit aufnehmen.

Die Pkw-Maut für Ausländer war ein Prestigeprojekt der CSU. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Maut im Juni gestoppt, weil sie gegen europäisches Recht verstößt. Der Minister hatte die Verträge mit den Betreibern aber schon Ende 2018 geschlossen. Deshalb haben sie Anspruch auf eine Entschädigung, die wahrscheinlich in dreistelliger Millionenhöhe liegen wird. „Und das für eine Projekt, das niemand außer der CSU wollte“, sagte der Abgeordnete der Linksfraktion Jörg Cezanne. Daran müsse erinnert werden, wenn der Minister jetzt erkläre, dass er nur umgesetzt habe, was Bundestag und andere Instanzen gewollt hätten.

Ein Untersuchungsausschuss ist für die Opposition ein scharfes Schwert. Die Mitglieder können Zeugen vorladen und unter Eid befragen. Wenn 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten es verlangen, muss er eingerichtet werden. Im Mittelpunkt des Scheuer-Untersuchungsausschusses steht die Vertragsvergabe an die Maut-Betreiber. Die drei Oppositionsparteien wollen klären, warum und unter welchen Umständen die Verträge mit den Betreibern vor dem Urteilsspruch des EuGH geschlossen wurden. Auch die Rolle des staatlichen Lkw-Maut-Eintreibers Toll Collect wird beleuchtet. Im Raum steht die Vermutung, dass der Leistungen für die privaten Betreiber erbringen sollte, ohne dafür die marktüblichen Preise zu verlangen. Der Verdacht: Kosten wurden auf den Staat verlagert, damit die privaten Betreiber ein Angebot abgeben konnten, das mit dem im Bundeshaushalt eingestellten Geld übereinstimmte. Mittlerweile prüft der Bundesrechnungshof die Verträge auf Wirtschaftlichkeit.

„Der Verkehrsminister hat dieser bayerischen Bierzeltidee alles andere untergeordnet“, sagte Kühn. Scheuer habe sich auf Kosten der Steuerzahler verzockt. Kühn geht davon aus, dass der Untersuchungsausschuss im ersten Quartal 2020 in seine entscheidende Phase eintritt.

Medienberichten zufolge sollen die Maut-Betreiber Scheuer im vergangenen Jahr angeboten haben, mit der Vertragsunterzeichnung bis nach der Urteilsverkündung des EuGH zu warten. Das bestreitet der Minister ebenso wie die Behauptung, dass er die Betreiber aufgefordert haben soll, jetzt über dieses Angebot zu schweigen. „Das wird unter Eid aufgearbeitet“, kündigte Kühn an. Dazu sollen auch Vertreter der Maut-Betreiber vorgeladen werden.

Auch um die Reaktion des Ministers auf die Entscheidung der EuGH-Richter wird es gehen. „Der Minister hat am Tag der Urteilsverkündung die Nerven verloren“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Oliver Luksic. Scheuer habe die Verträge mit Hinweis auf Fehler der Betreiber gekündigt. Damit habe er einen „Rosenkrieg“ losgetreten, statt eine andere Lösung zu suchen. Grüne und Linkspartei fordern bereits den Rücktritt von Scheuer, die FDP will die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses abwarten.