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Kommentar von Kaija Kutter über Einschluss im KinderheimDas Gesetz legt Schwachstellen offen

Die Gesetzesänderung vom Oktober 2017 war umstritten. Freiheitsentziehende Maßnahmen in nicht altersgerechter Weise in Krankenhaus, Heimen oder Einrichtungen müssen seither von einem Gericht genehmigt werden. Bis dahin reichte es, wenn die Sorgeberechtigten, also meist die Eltern, dies dem Heim erlaubten.

Der Gesetzentwurf stieß in der Jugendhilfe auf Kritik, es gab sogar einen Appell von 250 Fachleuten dagegen. Denn das Einsperren oder Fixieren von Kindern sollte man nicht mal von einem Richter erlauben lassen, so die Argumentation. Hier bestand die Gefahr, dass Maßnahmen in einer Grauzone, wie sie in Skandal-Heimen praktiziert wurden, legalisiert werden.

In Bezug auf die Heime für geistig behinderte Kinder, die sich selber gar nicht artikulieren können, scheint dieses Gesetz durchaus sinnvoll zu sein, weil es Schwachstellen offenlegt.

Es ist traurig, dass das achtjährige Mädchen seinen Heimplatz verlor. Welche Gründe es gab, ist von außen schwer zu beurteilen. Doch eine bessere Lösung mit mehr Personal, die auch das Hamburger Fachamt andeutet, könnte möglich gewesen sein.

Es ist gut, wenn der Gesetzgeber der Verwahrung Grenzen setzt. Nicht mehr die Eltern, die verzweifelt auf den Platz angewiesen sind, stehen unter dem Druck, ihre Unterschrift für strittige Maßnahmen zu geben. Hier muss immerhin ein Gericht drauf schauen.

Doch der Fall offenbart auch Versorgungslücken. Isa ist kein Einzelfall, Hamburg bringt 27 Kinder mit schwerer geistiger Behinderung außerhalb unter. Denn auch wenn diese Kinder nicht bei ihren Familien leben können, ist die Nähe zu ihren Eltern doch wichtig. Es muss Plätze dem Bedarf entsprechend geben, mit einer guten Personalausstattung, so wie in Kappeln.

Zudem wirft der Fall ein Licht auf einen wenig beachteten Bereich. Kindern die Freiheit zu entziehen, ist auch in der Behindertenhilfe keine Lösung. Politik muss thematisieren, wo es solche Praktiken gibt. Dazu gehört auch, zu evaluieren, wie oft mit Richtererlaubnis solche Dinge geschehen. Als das Gesetz beschlossen wurde, hatte der Bundestag das versprochen.

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