: Ein Geist, der Waffen liebte
Waffensammler legt vor Landgericht Hannover Geständnis ab und distanziert sich angeblich von rechtem Gedankengut
Ein 30-Jähriger hat im Landgericht Hannover gestanden, mehr als 50 Waffen in der gemeinsamen Wohnung mit seinem Vater gehortet zu haben. Der junge Mann habe seit Jahren sein stets abgeschlossenes Zimmer kaum verlassen, 16 bis 20 Stunden täglich im Internet verbracht und sei in einen Strudel rechter Gesinnung geraten, erklärte sein Verteidiger. „Er hatte niemals vor, damit Menschen Schaden zuzufügen.“
Ihm sei es um das reine Sammeln und die Historie der Waffen gegangen, so der Anwalt. Auslöser war demnach ein Computerspiel mit dem Schauplatz Zweiter Weltkrieg.
Der 30-Jährige ist gemeinsam mit seinem 53-jährigen Vater wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz angeklagt. Wegen Terrorverdachts hatte zunächst die Generalstaatsanwaltschaft Celle ermittelt, dafür fand sie aber keine konkreten Hinweise. Dem Sohn wird zudem Körperverletzung vorgeworfen, weil er einen Polizisten bei seiner Festnahme im März attackierte.
Der Sohn sagte nun, seinen Vater treffe keine Schuld. Ihm habe er vorgespielt, es handele sich um Deko-Waffen sowie legale Waffen, sagte der 30-Jährige. Auch rund 3.650 Schuss Munition wurden bei den beiden entdeckt.
Im Gerichtssaal kam der Terroranschlag von Halle zur Sprache. Möglicherweise würden jetzt Parallelen zu dem Täter von Halle gezogen, etwa das zurückgezogene Leben, sagte der Verteidiger. Der Angeklagte war Fan eines Blogs, auf dem Fake News, rechtsextreme Hetze und Hass verbreitet werden. Über eine Messenger-Gruppe sei er auch an das Video des Anschlags in Christchurch gekommen, sagte er selbst. Sein Verteidiger betonte: „Er hat sich in der Haft von den Verschwörungstheorien und sämtlichem rechtsgerichteten Gedankengut distanziert.“ Genauer ausführen wollte der 30-Jährige das nicht: „In der Haft habe ich gemerkt, dass es nicht so ist.“
Mit knappen Worten schilderte der Angeklagte seine psychischen Probleme, die ihn dazu gebracht hätten, abgeschottet zu leben. Wegen Mobbings in der Schule aufgrund seines starken Übergewichts habe er sich vor etwa elf Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Sein Vater verbreitete die Legende, der Sohn sei ausgewandert. Selbst Nachbarn wussten demnach nicht, dass der 30-Jährige mit in der 50-Quadratmeter-Wohnung lebte. (dpa)
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