: Vor neuer Brexit-Verschiebung
Britisches Parlament stimmt für den Brexit-Deal – und gegen den Zeitplan, um ihn in Kraft zu setzen
Von Dominic Johnson
Eine erneute – voraussichtlich letzte – Verschiebung des britischen EU-Austritts steht an, nachdem das britische Unterhaus am späten Dienstagabend das beschleunigte Gesetzgebungsverfahren zur Ratifizierung des neuen Brexit-Deals ablehnte und die Regierung das Verfahren danach auf Eis legte.
EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte am Mittwochmorgen, er empfehle den EU-Mitgliedstaaten nun eine Annahme des vorliegenden britischen Antrags zur Verschiebung des Brexits vom 31. Oktober 2019 auf den 31. Januar 2020. Eine Entscheidung wird frühestens am Freitag erwartet.
Mit 322 zu 308 Stimmen hatte das britische Unterhaus am Dienstagabend gegen den von der Regierung vorgelegten Zeitplan zur Behandlung der Brexit-Gesetzgebung gestimmt. Dieser sah vor, dass die Abgeordneten beider Kammern den 110 Seiten langen Gesetzestext bis zum Wochenende durchbringen, um den EU-Austrittstermin am 31. Oktober zu halten.
Das erschien nicht nur Brexit-Kritikern als viel zu kurz. Der Brexit-Deal an sich ist dabei offenbar nicht mehr das Problem. In zweiter Lesung des Gesetzes zu seiner Umsetzung stimmten die Abgeordneten nämlich für den Deal – mit einer deutlichen Mehrheit von 329 zu 299 Stimmen, und das, obwohl die nordirischen DUP-Unionisten dagegen stimmten.
Es war das erste Mal, dass Großbritanniens Parlament ausdrücklich einen Brexit-Deal gebilligt hat. Das Votum war also eigentlich ein Triumph für Boris Johnson. Es hatte aber nur symbolische Bedeutung, denn in Kraft tritt der Deal erst mit seiner Ratifizierung – und dafür ist die begleitende Gesetzgebung nötig, die den Deal in britisches Recht umsetzt.
Am Samstag hatte das Parlament eine schnelle Zustimmung zum Deal bereits blockiert und beschlossen, erst die begleitende Gesetzgebung zu behandeln. Premierminister Johnson war damit gezwungen, einen förmlichen Antrag bei der EU auf Brexit-Aufschub um drei Monate zu stellen.
Wie es jetzt in London weitergeht, blieb am Mittwoch unklar. Es ist noch nicht entschieden, ob auf eine Brexit-Verlängerung vorgezogene Neuwahlen folgen sollen oder ob man einfach die Zeit nutzt, das Gesetzgebungsverfahren entspannt weiterzuführen. Gespräche darüber zwischen der Regierung und der Labour-Opposition brachten kein Ergebnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen