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Proteste in Ecuador führen zum Erfolg

Regierung nimmt Erhöhung der Benzinpreise zurück. Der Indigenen Verband Conaie steht als Sieger da

Präsident Moreno hat weder Glaubwürdigkeit noch Führungsstärke bewiesen

Von Knut Henkel, La Paz

Aufatmen in Quito. Sonntagabend haben sich Präsident Lenín Moreno und die Repräsentanten des Dachverbandes der Indigenen Völker (Conaie) auf die Gründung einer Kommission geeinigt, die eine sozialverträgliche Lösung ausarbeiten soll. Die Erhöhung der Benzinpreise, wie sie Anfang Oktober im Dekret 883 verkündet worden war, ist damit vorerst vom Tisch. Die Streichung der jahrzehntealten Treibstoffsubventionen bleibt allerdings Thema – jetzt soll unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der katholischen Kirche ein Kompromiss ausgehandelt werden, der die ärmeren Bevölkerungsschichten nicht so gravierend belastet.

Leónidas Iza, einer der Repräsentanten der Conaie, hatte im live im Fernsehen übertragenen Gespräch mit Lenín Moreno erklärt, wie sich für ihn die Erhöhung der Treibstoffpreise ausgewirkt hatte: „Dienstag brauchte man 20 Dollar für den Traktor, am Mittwoch waren es 45 Dollar, es reichte nicht mehr, um die Kinder in die Schule zu bringen“, schilderte er die durchschlagende Wirkung des Dekretes 883.

Das hatte die längsten Proteste der letzten Jahre ausgelöst und zugleich bewiesen, dass die Conaie Einheit und Mobilisierungsfähigkeit zurückgewonnen hat. Die hatte, so der ehemalige Präsident der verfassungsgebenden Versammlung Alberto Acosta, in der Ära von Ex-Präsident Rafael Correa merklich gelitten. Massive Angriffe auf die indigene Dachorganisation, und die Gründung einer Konkurrenzorganisation habe es unter dem autoritär regierenden Correa gegeben, wodurch die Conaie geschwächt wurde. Die Verschwörungstheorien von Präsident Lenín Moreno, der seinen Vorgänger und Intimfeind Rafael Correa als Anstifter hinter den Protesten vermutete, seien daher auch völlig haltlos, sagt Acosta.

Seit Anfang 2017 lief die Reorganisation des Conaie, und die Proteste der letzten elf Tage haben nicht nur gezeigt, dass er seine Mobilisierungsfähigkeit zurückgewonnen hat, sondern auch seine Verhandlungsfähigkeit. Klar, strukturiert und bestimmt ist die indigene Organisation vor und bei den Verhandlungen aufgetreten, und das könnte auch der eng mit ihr verflochtenen Partei Pachakutik weiteren Auftrieb geben.

Die hat in den letzten Monaten an Zulauf gewonnen, stellt in fünf der 22 Verwaltungsbezirke die prefectos, die Gouverneure, und mausert sich zum Gegenpol zur Regierung Moreno.

Die Regierung wiederum geht geschwächt aus der Krise hervor. Nicht nur weil sie die Hauptstadt Quito sich selbst überlassen hat und in die sichere Küstenmetropole Guayaquil gezogen ist, sondern auch weil sie auf Repression gesetzt hat und nun mit der Rücknahme der Benzinpreiserhöhungen als Verliererin dasteht. Zudem muss sie nun sehen, wie sie die Auflagen der IWF sozialverträglicher erfüllt und Glaubwürdigkeit und Legitimität zurückgewinnt.

Präsident Lenín Moreno hat weder Dialogbereitschaft noch Führungsstärke bewiesen, kritisierte der Menschenrechtsanwalt Mario Melo am Wochenende im Kontext der Verhandlungen.

Die Krise könnte zum Wendepunkt für den Präsidenten werden. Seit er im Mai 2017 von vielen Ecuadorianer*innen als dialogbereiter Sozialpolitiker gewählt worden war, um den konservativen Banker Guillermo Lasso zu verhindern, hat Moreno, einmal im Amt, eine politische 180-Grad-Wende vollzogen. Er kündigte die Mitgliedschaft in regionalen Bündnissen und nahm die Beziehungen zum Internationalen Währungsfonds wieder auf. Damit hat er sich nicht nur viele Feinde gemacht, er ist auch unglaubwürdig geworden. Morenos überraschender Positionswechsel von links nach rechts erklärt auch die Schärfe der Proteste in den letzten Tagen.

Mit dem Unmut wird der Präsident auch zukünftig umgehen müssen. Nun ist Dialogbereitschaft gefragt – gegenüber der Bevölkerung, aber auch dem IWF.

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