Mit gerechtem Zorn und guter Laune Klimastreik zu groß für Bremens Marktplatz und zu breit für Bremens Straßen

Das Aha-Moment der Demo ist, als der Zug vorne, auf der Kaisenbrücke zum Stehen kommt und allmählich allen klar wird: Das Ende ist gerade erst beim Überseemuseum losgezogen und man kann es drüben auf der Smidt-Brücke die Weser überqueren sehen. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!“, schallt es von der einen südlichen zur nördlichen City-Brücke. Es geht nicht voran: Bremens Marktplatz ist zu klein für den Klimaprotest. Die Polizei wird immer in Etappen kleine Gruppen zur zentralen Kundgebung weiterziehen lassen. Durchsage: „Bitte bleibt nicht vorne auf dem Marktplatz stehen!“Ab 7 Uhr in der Früh waren KlimaaktivistInnen unterwegs in Bremen und Bremerhaven. Dort hatten sich über 3.000 Menschen dem Protestzug angeschlossen. Fast 40.000 Demonstrierende haben in Bremen die Stadt umzingelt, vom Bahnhof in die Neustadt, durch die Wester- bis zur Ebertstraße und dann wieder über die Weser auf den Markt, ein über drei Kilometer langer Weg.Auf selbstgebastelten Plakaten wurde zur Rettung der Erde aufgefordert. Manchmal mit Witz: Sie sei „der einzige Planet, auf dem es Schokolade gibt“, hieß es auf einem Pappschild zur Begründung. Eine wirklich grobschlächtig ausgerissene Karton-Tafel verkündete, sie sei „ein so erbärmliches Plakat wie eure Klimapolitik“ – in Krakelschrift. Es gab auch rührende Transpis mit Pinguinbildern und Kinderfotos. Es gab Stelzenläufer, die als vom Aussterben bedrohte Paradiesvögel der Trödelpolitik attestierten, eine Meise zu haben.Eine Einschätzung, die auch von der Wissenschaft geteilt wird: Sie stehe auf der Bühne als Repräsentantin des Wissens „wie wir den klimaschädlichen CO2-Ausstoß verringern können“, sagte die stellvertretende Direktorin des Alfred Wegener Instituts für Polar- und Meeresforschung Karen Wiltshire in ihrer Rede an die Demonstrierenden. „Ihr macht uns Mut“, betonte sie. „Die Demonstrationen haben morgens in Australien begonnen und gehen am Abend in Amerika zu Ende. Wenn das keine Revolution ist?!“, erinnerte die Fridays-for-Future-Aktivistin Frederike Oberheim in ihrer Ansprache an den weltumspannenden Charakter der Bewegung. „Wir schreiben heute Geschichte.“Ganz ohne Reibung ging das nicht: Als etwa 200 DemonstrantInnen eine Absperrung durchbrachen, um die Stephaniebrücke zu besetzen, ging die Polizei mit Pfefferspray gegen sie vor. Anschließend durfte die Brücke aber eine Stunde lang blockiert werden – der Autoverkehr in beide Richtungen musste warten.Auch die Beschäftigten der taz Bremen haben am Freitag ihre Arbeit niedergelegt. Folge: Es gibt nur diese Notausgabe. Foto: Claudia Konerding