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„Ich wünsche mir klare Ansagen für die Zukunft“

Beim Thema LGBTIQ tut sich AKK bisher schwer. Alexander Vogt von den Lesben und Schwulen in der Union setzt dennoch Hoffnung in die CDU-Vorsitzende

Queer und Konservativ: Die LSU auf dem Christopher Street Day Foto: Arnulf Hettrich/imago

Interview Anja Maier

taz: Herr Vogt, am 12. September findet der Jahresempfang der LSU, der Lesben und Schwulen in der Union, statt. Sie sind schon zum dritten Mal in der Berliner Parteizentrale zu Gast. Darf man das als queerpolitische Ansage der Vorsitzenden verstehen?

Alexander Vogt: Ich denke, ja. Das ist für uns ein wichtiges Zeichen von Normalität und für ein selbstverständliches Dazugehören – unabhängig davon, ob man unsere Meinungen teilt oder nicht.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich zuletzt viel Ärger eingehandelt, weil sie sich bei einer Karnevalsveranstaltung über „Toiletten für das dritte Geschlecht“ lustig gemacht hat. Erwarten Sie wieder ein paar Witze?

Nein, mit Sicherheit nicht. Ich denke schon, dass dieses Thema auf dem Podium mit Ole von Beust angerissen wird. Ich bin gespannt. Aber ich hoffe, dass wir nicht so sehr in die Tiefe gehen müssen bei den Sachen, die in der Vergangenheit liegen. Stattdessen wünsche ich mir klare Ansagen für die Zukunft zum allgemeinen Umgang der Partei mit LSBTI und zur Antidiskriminierung

Trotzdem, nach ihrem Karnevalsauftritt im März haben Sie als LSU-Vorsitzender gefordert, dass sich die Parteichefin entschuldigt. Hat sie sich bei den Lesben und Schwulen in der Union gemeldet?

Wir haben in den Wochen danach Kontakt gehabt. Und im Herbst wird nun ein Gespräch im Adenauer-Haus mit intersexu­ellen Communityvertreter(inne)n* und dem Generalsekretär stattfinden, bei dem es generell um die Belange Intersexueller gehen wird. Ich persönlich will das hier gar nicht mehr so vertiefen, schwerwiegender fand ich ihre Aussagen aus dem Jahr 2015.

Damals hat Kramp-Karrenbauer in einem Interview die Ehe für alle mit Inzest und Mehrehe in Verbindung gebracht.

Ja, da müsste, finde ich, auch noch mal eine Klarstellung erfolgen. Ich hoffe jedenfalls sehr darauf.

Anders als die CDU haben sich die meisten konservativen Parteien in Europa und weltweit längst klar zur Ehe für alle bekannt. Wann findet denn Ihre Partei endlich mal zu einem klaren Ja?

Ich hoffe, dass wir das im nächsten Grundsatzprogramm drinhaben werden. Wir arbeiten daran. Ich bin selbst Mitglied im Bundesfachausschuss für gesellschaftlichen Zusammenhalt, auch in anderen Bundesfachausschüssen sind wir vertreten und arbeiten mit am Programm. Und um das klar zu sagen: AKK hat als Vorsitzende deutlich gemacht, dass der jetzige Status quo verteidigt wird. Dass also die Öffnung der Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare als Ergebnis einer demokratischen Abstimmung nicht mehr geändert, geschweige denn in Frage gestellt wird. Punkt. Es wird mit Sicherheit keine Rolle rückwärts geben.

Wollen Sie sagen, dass Annegret Kramp-Karrenbauer queerpolitisch gar nicht so hintendran ist, wie es scheint?

Ich sehe das so, ja. Natürlich waren die von ihr gemachten Äußerungen nicht gut. Darüber haben wir zu reden. Aber ich muss auch konstatieren, dass sie uns in der Vergangenheit unterstützt hast. Das mag widersprüchlich wirken, aber ich sehe das nicht so negativ wie viele andere in der Community. Die mitunter massive Ablehnung ihrer Person teile ich nicht. So viel Emotion würde ich mir manchmal wünschen, wenn es um die AfD geht.

In der Einladung steht, der Empfang sei wichtig wegen der „schwierigen politischen Entwicklungen in Folge des Rechtsrucks in Europa und der Welt“. Sehen Sie nach den Wahlerfolgen der AfD in Ostdeutschland dort die Rechte von Queerpersonen gefährdet?

Foto: lsu

Alexander Vogt,50, ist seit 2010 Bundesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union (LSU). Die LSU konnte im vergangenen Jahr im Konrad-Adenauer-Haus ihr 20-jähriges Jubiläum begehen.

Das Problem sehe ich nicht so sehr bei den bereits erreichten Rechten, die sind verbrieft. Mich beunruhigt die allgemeine Stimmung in der Gesellschaft. Wie ist das, wenn man dort mit seinem Freund Hand in Hand über die Straße geht – das macht mir Sorgen. Und das ist nicht nur in der Lausitz so, sondern fängt im Berliner Kiez und auch hier in Frankfurt an.

Letzte Frage: In Zeiten von LGBTI* – denken die Lesben- und Schwulen in der Union über eine Umbenennung nach?

Darüber haben wir immer wieder intensiv diskutiert, aber wir sind bei der bisherigen Beschlusslage geblieben.

Und wie sehen Sie das?

Auch aus markentechnischen Gründen hänge ich an dem Namen. Zumal wir schon bei der Gründung der LSU 1998 in die Präambel der Satzung geschrieben haben, dass wir uns für die Rechte aller Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen einsetzen. Eine Debatte darüber würde ich mir auch nicht von außen aufzwingen lassen. Darüber entscheiden allein unsere Mitglieder.

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