Traditionscafé Stenzel vor dem Aus: Kuchen hinter Gittern

Seit den G20-Protesten baut die Haspa auf dem Schulterblatt ein neues Gebäude. Die Baustelle nimmt dem Traditionscafé Stenzel die Laufkundschaft.

Eingezäunte Tische: Das Café Stenzel leidet an den Folgen der G20-Krawalle Foto: Jannis Große

HAMBURG taz | Von der Keksfabrik über die Pralinenfirma bis hin zur Konditorei: Gegründet 1932 hat das Café Stenzel schon einiges durchlebt. Seit fast 50 Jahren hat es seinen Standort am Schulterblatt und ist damit eines der letzten Urgesteine im Schanzenviertel. Mit Spritzkuchen und dreifach gefüllten Berlinern könnte hier aber bald Schluss sein – das Café steht kurz vor dem Aus. Das Problem: Die Baustelle der benachbarten Haspa-Filiale, die dem Café die Laufkundschaft nimmt.

Es ist eine indirekte Folge der G20-Krawalle im Sommer 2017: Damals blieb das Traditionscafé von den RandaliererInnen zwar verschont, doch die Haspa-Filiale nicht. Die Bank entschied, ein neues Gebäude an der Ecke Schulterblatt/Juliusstraße zu errichten, direkt neben dem Familienbetrieb Stenzel.

Seit April 2018 versperrt ein Bauzaun die Sicht auf das Café, auch der Zugang ist beschränkt. Die Folgen seien verheerend, sagt Juniorchef Philipp Stenzel: 20 Prozent weniger Gewinn, sieben von 20 MitarbeiterInnen entlassen. „Wer setzt sich schon in ein Café mit dem Blick auf einen Bauzaun?“, fragt Stenzel.

Den Juniorchef stört außerdem, dass der Lagerbereich innerhalb des Bauzauns gar nicht genutzt werde. Zum größten Teil der Zeit sei dieser Bereich leer. Der Grüne Altonaer Bezirksabgeordnete Holger Sülberk, der sich im Rahmen des Ausschusses für regionale Stadtteilentwicklung mit der Situation des Cafés beschäftigt, bestätigt diesen Umstand. „Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, dass dieser Bauzaun nicht so weit zum Café vorgezogen wird,“ sagt Sülberk.

Philipp Stenzel, Juniorchef der Konditorei Stenzel

„Die Solidarität im Viertel ist groß. Wir stehen also nicht ganz alleine da“

Die Verhandlungen zwischen dem Bezirksamt Altona und dem Bauträger „Nord-Immo“ hätten aber zu keiner Lösung geführt, sagt Sülberg.Nach Aussage von Nord-Immo Chef Torsten Gerke gebe es keine andere Möglichkeit, als dass sich die Baustelle genau dort befinde. In die Julius­straße hätte man sich aus Sicherheitsgründen nicht ausbreiten können.

Nach Plan der „Nord-Immo“ soll das Eckgebäude Ende Oktober fertig werden. Philipp Stenzel glaubt aber nicht daran. Schon einmal sei er vertröstet worden: „Ganz zu Anfang hieß es, die Fertigstellung würde ein Jahr dauern, von April bis April. Diese Frist wurde nicht eingehalten.“ Gerke gibt zu, dass es zu Verzögerungen gekommen sei, die jetzt „teilweise wieder aufgeholt werden konnten“. Ein fester Zeitplan sei jedoch nie kommuniziert worden.

Unterstützung kriegt die Konditorei von Seiten der Schanzenszene. Erst am Dienstagmorgen habe es ein Solidaritäts-Frühstück gegeben, zu dem mehrere Betreiber aus der Schanze gekommen seien, sagt Stenzel. „Die Solidarität im Viertel ist groß. Wir stehen also nicht ganz alleine da.“ Reichen werde diese Unterstützung wohl aber nicht.

Stenzel hofft deshalb auf Hilfe der Politik. Konkret geht es um Geld aus dem Fonds, der für Geschädigte der G20-Ausschreitungen eingerichtet wurde. Sülberk sieht dafür allerdings keine großen Chancen – der Fonds sei nur für die unmittelbaren Folgen der G20-Krawalle eingerichtet worden.

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