: Privat bauen, individuell fördern
Die Berliner CDU-Fraktion lud rund 50 Bauherr*innen zum runden Tisch – nach Hamburger Vorbild
Von Anselm Lenz
Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus will das Wohnungsproblem der Stadt im Schulterschluss mit Investoren lösen. Die Problemlage soll durch private Angebotsausweitung und individuelle Bedürftigenförderung gelindert werden. Dabei orientiert sich die stärkste Oppositionsfraktion explizit an der Wohnungspolitik in Hamburg. Die Orientierung am dortigen Bündnis für das Wohnen des SPD-geführten Senates ist das wesentliche Ergebnis des runden Tisches im Abgeordnetenhauses vom Mittwochabend.
Unter der Gesprächsleitung des wohnungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Christian Gräff, hatten rund 50 eingeladene Bauherr*innen Gelegenheit, Bundes- und Landesparlamentarier der CDU ihre Meinung zu einem Berliner Pakt reihum vorzutragen. Frank Miller von der Fortuna Wohnungsbaugenossenschaft forderte die Senkung oder Abschaffung der Umsatzsteuer auf Mieteinnahmen. Durch Wegfall der Umsatzsteuer könne eine Senkung der Nettokaltmieten um zwei Euro je Quadratmeter erreicht werden.
Sina Fiedler, hauptamtliches Vorstandsmitglied des Vaterländischen Bauvereins eG, monierte die Langsamkeit bei Baugenehmigungen und die schleppende Freigabe von Bauland: „Wir brauchen Grundstücke von der Politik!“ An Geld für Neubauten mangele es nicht, auch nicht an Krediten zu Niedrigstzinsen; man sei „in den Startlöchern“. Aktive Unterstützung und erheblich vereinfachte Verfahren forderten auch fast alle anderen Vertreter*innen.
Eine Mehrheit der eingeladenen Vermieter, darunter etliche Genoss*innenschaftsvertret*innen, äußerten die Ansicht, die Politik müsse für den Ausbau der Infrastruktur sorgen und stark vereinfachte Bebauungsplanverfahren ermöglichen. Bezirksversammlungen entschieden zudem oftmals irrational und nach kurzfristiger Ausrichtung an Anwohner*innenmeinungen.
Ingo Malter, Geschäftsführer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land beklagte, dass „eine schnelle und agile Minderheit die Lufthoheit in der Stadt“ übernommen hat. Ein „Berliner Zensus“ könne helfen, „ganz schnell die Luft rauszulassen“. Wenn ermittelt würde, welche Menschen wirklich mit ihrer Miete überfordert seien, könne diesen gezielt geholfen werden. Dann sei den Mieter*innenbündnissen und Enteignungsbewegungen die Arbeitsgrundlage entzogen.
Begriffe wie „vergiftet“, „gespalten“, „verängstigt“ fielen in fast jedem Beitrag. Sebastian Jung vom Vonovia-Konzern konstatierte sogar „zunehmende Gewaltbereitschaft von Tag zu Tag“ und „toxischen Populismus“. Insofern gebe es „keine Atmosphäre“ für einen Pakt zwischen Kapital und Politik.
Im Hamburger Bündnis für das Wohnen sind seit 2015 Großvermieter, Behörden und einige Mieter*inneninitiativen zusammengeschlossen. Federführend ist dort die SPD-Senatorin Dorothee Stapelfeldt. Teil der Vereinbarung ist die Errichtung von jährlich 10.000 neuen Wohnungen, ein Drittel davon Sozialwohnungen. Seit 2013 sind die Mieten trotzdem um 18 Prozent gestiegen. Bei Neuvermietungen beträgt der Anstieg im Schnitt 50 Prozent im Vergleich zur Monatsmiete der jeweiligen Vormieterin.
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