Dorothea Hahn über Trumps Rede an die Nation
: Brandstifter spielt Feuerlöscher

Am Montag sollte US-Präsident Donald Trump ausnahmsweise einmal nicht hetzen und nicht verletzen. Er sollte trösten und zu der ganzen Nation sprechen – anstatt nur zu dem radikalsten Teil seiner Basis. Aber weil er selbst kein Mitgefühl kennt, musste er seine Ansprache nach den Massakern von El Paso und Dayton vom Teleprompter ablesen. Er tat es lustlos und ohne jedes Engagement. Er verhaspelte sich. Und er machte mit alledem klar, dass sein Auftritt vor allem eines war: eine Pflichtübung.

Seine Redenschreiber hatten die Stichworte benutzt, die nach dem blutigen Wochenende unvermeidlich schienen: Gebete und Gedanken, die Verurteilung von Hass, Rassismus und White Supremacy, die Beschreibung der Massenmörder als „das Böse“ und als „geisteskranke Monster“ sowie die Schuldzuweisung an Videospiele, die Gewalt verherrlichen. Aber auf dem Teleprompter stand nichts, das Rechtsextreme einschüchtern könnte, und nichts, das hoffen ließe, dass die USA Kriegswaffen aus dem Verkehr ziehen, wie es zuletzt Neuseeland vorgemacht hat. Trump forderte auch nicht den Senat auf, endlich über ein längst vom Repräsentantenhaus verabschiedetes Gesetz über Zuverlässigkeitsprüfungen bei Waffenkäufen abzustimmen. Sondern er machte den bösartigen Vorschlag, Schusswaffenkontrolle mit Einwanderungspolitik zu verbinden.

Aber wie hätte es auch anders sein können? Schließlich ist Trump der Präsident der Schusswaffenlobby. Und schließlich ist die rassistische Karte seine einzige programmatische Kohärenz. Von Trump sind weder Antworten auf Rechtsextremismus noch auf Schusswaffengewalt zu erwarten. Er ist der Präsident, der nach dem Nazi-Aufmarsch in Charlottesville vor zwei Jahren mit einem Mord und vielen Verletzten aufseiten der GegendemonstrantInnen sagte, es gebe „sehr feine Leute auf beiden Seiten“. Und falls er selbst kein Anhänger einer weißen Vorherrschaft sein sollte – was zu bezweifeln ist –, wissen Rechtsextreme zumindest, dass sie von ihm nichts zu befürchten haben. Er ist der Stichwortgeber jener, die er zu kritisieren vorgibt. Ein Brandstifter, der den Feuerlöscher spielt.