piwik no script img

Earth Overshoot Day 2019Raubbau an der Erde

Die sich in einem Jahr erneuernden Ressourcen sind für 2019 bereits aufgebraucht. Ab jetzt überzieht die Menschheit ihr jährliches Ressourcen-Konto.

Vollgemüllte Ozeane sind bei den Berechnungen zum Earth Overshoot Day nicht erfasst Foto: reuters

Berlin taz | Am 29. Juli hat die Menschheit die erneuerbaren Rohstoffe dieser Erde aufgebraucht, die sich innerhalb eines Jahres regenerieren. Dann ist der Earth Overshoot Day – auch Erdüberlastungstag genannt – erreicht. Dieser wird jedes Jahr von der Nichtregierungsorganisation Global Footprint Network (GFN) berechnet, die sich für Nachhaltigkeit und Umweltschutz einsetzt. Die NGO kommt in ihren Berechnungen zu dem Schluss, dass die Menschheit die Kapazität von 1,75 Erden benötigt, um ihren Ressourcenbedarf zu decken.

Dazu stellt das GFN die globale Biokapazität dem ökologischen Fußabdruck gegenüber. Die globale Biokapazität ist die Summe aller Flächen auf der Erde, auf denen nachwachsende Rohstoffe generiert werden und die Abfallstoffe abbauen oder absorbieren. Dazu gehören zum Beispiel Ackerland und Fischgründe, mit denen Lebensmittel produziert werden. Oder Wälder, die zum einen Holz abwerfen zum anderen aber auch CO2 binden.

Der ökologische Fußabdruck ist die Summe aller Flächen auf der Erde, die die Menschheit benötigt um ihren Ressourcenbedarf zu decken und ihre Abfälle und Emissionen zu absorbieren. Wenn dieser Bedarf an erneuerbaren Ressourcen der Menschheit höher ist, als die Erde in einem Jahr produzieren kann, dann tritt eine Übernutzung der Erde ein.

Diese Übernutzung führt zu einem Raubbau an der Erde, so das GFN. Die Organisation warnt davor, dass dauerhaftes Wirtschaften auf dieser Weise die Ressourcensicherheit der Menschheit gefährdet. Bodenerosion, Entwaldung und eine immer höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre seien die Folge.

Nicht alle Umweltprobleme werden erfasst

Das Global Footprint Network wurde 2003 von Susan Burns und Mathis Wackernagel gegründet. Der Schweizer Wackernagel hat auch das Konzept des ökologischen Fußabdrucks mitentwickelt. Die Berechnung des Earth Overshoot Day und die Arbeit des GFN wird von anderen Umweltorganisationen begrüßt und unterstützt.

Es gibt jedoch auch Kritik an der Berechnung des Earth Overshoot Day und den miteinbezogenen Variablen. GFN selbst geht von einer Genauigkeit von 10 bis 20 Prozent ihrer Berechnungen aus. Da sie permanent an ihrer Methodologie arbeiten würden – also welche Daten in die Berechnung miteinfließen und wie diese gewichtet werden –, würden sie auch die Ergebnisse permanent neu anpassen.

So wurde der Earth Overshoot Day im Jahr 2018 zunächst auf den 1. August angesetzt. Die diesjährigen Neuberechnungen haben aber ebenfalls den 29. Juli für das Jahr 2018 ergeben.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass nur erneuerbare Ressourcen bei der Berechnung berücksichtigt werden. Endliche Ressourcen wie Gas, Öl, Kohle, Mineralien oder seltene Erden werden nicht erfasst. Auch andere Umweltprobleme wie Plastikmüll, Luftverschmutzung oder aussterbende Arten sind kein Thema.

Die Berechnung kann so nicht das volle Ausmaß des menschlichen Raubbaus an der Erde erfassen. Jedoch dient der Earth Overshoot Day als eine Warnung für ein Problem, das noch viel größer ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 29. Juli 2019 ist der Overshootday auf einen errechneten weltweiten Durschnitt bezogen. Die Aufschlüsselung nach einzelnen Ländern gibt einen weiteren, wichtigen Einblick in die Veŕbrauchs-Unterschiede: Ist der Overshootday für Indonesien der 18. Dezember 2019, so WAR der für Deutschland bereits am 3. MAI 2019!!



    www.overshootday.o...ry-overshoot-days/

    • @Uranus:

      Aber es wird nicht erklärt, was der Overshootday für D aussagt.

      Der OSD ist für 1970 auf den 31. Dez. gelegt. Seitdem hat es ein paar mehr Einwohner in D und der Fleisch- und Fischgebrauch ist höher geworden.



      Aber wenn es nur um die biologisch erneuerbaren Ressourcen geht, sollte er mal zu einem Höchstwert kommen. Noch mehr Fleisch kann nicht auf den Grill gelegt werden.

      In der Zeit seit 1970 ist die Weltbevölkerung aber stark gestiegen. Ist es nicht die, die den overshootday immer weiter nach vorne verschiebt?

      Wohlgemerkt, es geht bei der Berechnung nicht um die endlichen Stoffe, wie Öl, Rohstoffe etc.

      • @fly:

        Sie sollten bedenken, dass Deutschland "Exportweltmeister" ist. Das Fleisch bspw. landet eben nicht nur hierzulande auf dem Grill. Die Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion wurde zudem stetig vorangetrieben. Zwischen 1970 und heute bestehen Unterschiede. Da gibt es sicher einiges. Biosprit und Biogasanlagen bei stark gesteigertem Energieverbrauch fallen mir spontan noch ein.

  • Und das, obwohl ein durchschnittlicher Erdenbürger unserer Tage vermutlich kaum üppiger lebt als ein Hartz IV-Empfänger - wenn überhaupt.

    Langfristig gibt es nur zwei nachhaltige Modelle: Ein Leben auf Slumniveau für die allermeisten Menschen, oder ein Gesundschrumpfen der Weltbevölkerung durch Geburtenkontrolle. Ich bin für die zweite Option und für eine Überwindung der pro-natalistischen Politik auch in unserer Gesellschaft.

    • @Thomas Friedrich:

      Was heißt Slumniveau? Heißt keinen Schaden anzurichten = im Elend leben?! Das ist nur eine Sache des Gefühls und des Sich-Vergleichens mit anderen. Meine Vorfahren waren Bäuer*innen mit eigenem Hof, sie haben von früh bis spät gearbeitet, praktisch alles selbst produziert, Abfall war nahezu unbekannt, Strom und fließend warmes & kaltes Wasser gab es nicht -- aber sie fühlten sich privilegiert, waren in ihrem sozialen Umfeld angesehen und fuhren sonntags sogar mit einer eigenen kleinen Pferdekutsche in die Kirche. Sie waren stolz auf ihre Arbeit und deren Früchte. Ihr ökologischer Fußabdruck war -- abgesehen von ihrer hohen Kinderzahl -- sicher nahezu auf indonesischem Niveau.