Nationalität bei US-Zensus weiter egal: Trump knickt ein
Es hagelte Kritik. Jetzt möchte der US-Präsident bei der Volkszählung die Ausländer doch nicht erfassen – er will einen anderen Weg dafür gefunden haben.
Die Zahl der im Land lebenden Nicht-US-Bürger solle nun auf anderem Wege „komplett und rasch“ ermittelt werden, sagte Trump bei einer Erklärung im Garten des Weißen Hauses. Er werde per Dekret alle bereits bei verschiedenen Ministerien und Behörden vorhandenen Daten zu dem Thema zusammenführen lassen. Es sei „zwingend erforderlich“ herauszufinden, aus wievielen US-Bürgern und Nicht-US-Bürgern die Bevölkerung der USA zusammengesetzt sei, sagte Trump.
Vor rund zwei Wochen hatte der Oberste Gerichtshof das Ansinnen des Präsidenten zurückgewiesen, beim Zensus 2020 eine Frage nach der Staatsbürgerschaft aufzunehmen. Die Frage war in den 1950er-Jahren aus dem Zensus-Fragenkatalog gestrichen worden. Die Richter bezeichneten die Argumentation der Regierung für die Zulassung der Frage nun als „konstruiert“.
Trump reagierte erbost: Er erwog, die Frage per Dekret durchzusetzen, und brachte gar eine Verschiebung des Zensus ins Gespräch.
Die alle zehn Jahre stattfindende Volkszählung ist grundlegend für die Zuteilung von Bundesmitteln in Höhe von 675 Milliarden Dollar (knapp 598 Milliarden Euro) sowie für den Zuschnitt von Wahlbezirken.
Kritiker fürchteten, dass die Frage nach der Staatsbürgerschaft Millionen von Einwanderern dazu bringen könnte, unwahr oder gar nicht auf die Fragen zu antworten – insbesondere, aber nicht nur, wenn sie keine gültigen Papiere haben. Das hätte die Aussagekraft des Zensus stark eingeschränkt. Befürchtet wurde zudem, dass die Daten zu einer systematischen Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund führen könnten.
Bürgerrechtsgruppen und die oppositionellen Demokraten begrüßten Trumps Rückzieher am Donnerstag. „Die Niederlage von Präsident Trump beim Zensus ist ein bedeutender Gewinn für Demokratie und faire Repräsentation“, schrieb der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, im Kurzbotschaftendienst Twitter. Niemand dürfe vom Präsidenten und seinem „kapriziösen Verhalten“ eingeschüchtert werden.
Die Bürgerrechtsgruppe American Civil Liberties Union kündigte an, sie werde Trumps Bemühungen, die Zahl der Einwanderer zu ermitteln, genau beobachten und auf ihre Legalität hin überprüfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen