: Am Dienstag wird es für von der Leyen ernst
Eine Mehrheit für die Deutsche als EU-Kommissionschefin ist nicht sicher. Grüne stellen sich gegen sie
Von Eva Oer
Der Termin steht schon mal: Am Dienstagabend um 18 Uhr stimmt das Europaparlament darüber ab, ob Ursula von der Leyen EU-Kommissionspräsidentin wird. Zuvor stand eine Verschiebung des Termins im Raum.
Doch bisher ist alles andere als sicher, ob die CDU-Politikerin eine Mehrheit der Abgeordneten für sich überzeugen kann. Am Mittwochabend hatten die Grünen im Europaparlament nach einer öffentlichen Anhörung mit von der Leyen bekanntgegeben, dass sie nicht für die Kandidatin stimmen würden.
Den Grünen reichten unter anderem von der Leyens Aussagen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in der EU und zum Klimaschutz nicht aus: So hatte die amtierende Verteidigungsministerin angekündigt, eine Verminderung der Treibhausgase um 50 Prozent bis 2030 sei möglich. Damit bleibe sie hinter den vom Europaparlament beschlossenen Zielen zurück, bemängelte etwa die Fraktionsvorsitzende Ska Keller auf Twitter. Die EU-Abgeordneten hatten sich im vergangenen Oktober mehrheitlich für eine 55-Prozent-Reduktion bis 2030 ausgesprochen. Die Linken im EU-Parlament wollen von der Leyen ebenfalls ihre Stimme verweigern.
Mindestens 374 der derzeit insgesamt 746 Abgeordneten braucht von der Leyen für eine erfolgreiche Wahl. Bislang hat sich nur ihre Parteienfamilie, die konservative EVP (182 Sitze), hinter sie gestellt. Die Fraktionsspitze der Sozialdemokraten will am Montag eine Empfehlung abgeben – vor allem die Deutschen unter den 153 Parlamentariern der Fraktion sind gegen ein Ja. Die Liberalen mit ihren 108 Mandaten halten es sich bisher ebenfalls offen.
Fraglich ist nun, wie viele der rechten und europaskeptischen Abgeordneten die amtierende Verteidigungsministerin im Amt sehen wollen. Der Fraktion Identität und Demokratie gehören 73 Abgeordnete an, die meisten gehören zur rechten Lega aus Italien (28 Mandate) und zum französischen Rassemblement National (früher Front National, 22 Abgeordnete). Im Europäischen Rat hatte Italiens Regierung von der Leyen unterstützt – und an ihr ist auch die Lega beteiligt. Auch die Europaskeptiker der EKR-Fraktion hatten sich zuletzt verhalten positiv geäußert.
Könnten also letztlich die Rechten und Europaskeptiker der Deutschen ins Amt verhelfen? Von der Leyen „sollte nun tunlichst vermeiden, eine Mehrheit mit den Stimmen der Rechtspopulisten im Parlament zu bilden“, kritisierte der deutsche Grünen-Abgeordnete Sven Giegold am Donnerstag. „Lässt sich von der Leyen von Europafeinden ins Amt tragen, wäre das ein katastrophales Signal.“ In einer Mitteilung brachte er wieder die dänische Wettbewerbskommissarin, die Liberale Margrethe Vestager, ins Spiel: „Sollte von der Leyen am Dienstag im Parlament scheitern, braucht es einen Plan B. Es bleibt das Geheimnis des Europäischen Rats, warum er Vestager nicht in Erwägung gezogen hat.“
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