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„Keine Dinge verbieten“

Die Hochschule Osnabrück hat ihren CO2-Fußabdruck drastisch verkleinert. Klima­schutzmanagerin Sabine Adamaschek über Vorbilder, offene Türen und flache Hierarchien

Ökostrom spielt eine große Rolle: Adamaschek vor der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Unibibliothek Foto: Uwe Lewandowsky

Interview Harff-Peter Schönherr

taz: Frau Adamaschek, schalten Sie als gutes Vorbild überall das Licht aus?

Sabine Adamaschek: Naja … Ich bin zwar eine große Freundin der Vorbildfunktion, aber ich schleife keinen Schleier hinter mir her, der alle mitzieht. Neulich habe ich mir einen Fahrradhelm angeschafft. Ich erzähle allen immer, sie sollen einen benutzen, dann muss ich das wohl auch selber tun.

Die Hochschule Osnabrück hat ihren CO2-Fußabdruck in den vergangenen zehn Jahren um nahezu 70 Prozent verkleinert. Wie vorbildlich ist das?

Wir liegen im Vergleich mit anderen Hochschulen im oberen Mittelfeld. Aber so wichtig es ist, sich mit anderen zu vergleichen: Weit wichtiger ist es, den Blick auf dich selbst zu richten, auf deine eigenen Potenziale, sonst verbesserst du dich nicht.

Die 70 Prozent beziehen sich auf die CO2-Emission pro Hochschulmitglied. Wie viel tatsächliche Einsparung steckt dahinter?

Die absoluten CO2-Emissionen sind um fast die Hälfte gesunken.

Energieverbrauch über ein Drittel rauf, CO2-Ausstoß um fast die Hälfte runter: Wie macht man sowas?

Da spielen viele Faktoren zusammen. Da ist unsere Geothermie-Anlage am Campus Lingen – 40 Erdbohrungen, die regenerative Wärme liefern. Wir haben Holzhackschnitzel- und -Pelletheizungen, ein Blockheizkraftwerk am Campus Westerberg. Wir ersetzen Altgebäude durch neue, hinzukommen Sanierungsmaßnahmen. Die Hälfte unseres Dienstwagen-Fuhrparks besteht aus E-Mobilen. Eine große Rolle spielt natürlich unser Ökostrom.

Woher beziehen Sie den denn?

Von den Stadtwerken Osnabrück.

Wäre es nicht konsequent, echten Ökostrom zu verwenden? Immerhin haben die Stadtwerke Osnabrück jüngst ihren Anteil am Trianel-Steinkohlekraftwerk in Lünen erhöht …

Aufgrund der Ausschreibung des Landes Niedersachsen fiel die Entscheidung auf die Stadtwerke. Wir sind uns dieser Kritik aber bewusst. Natürlich müssen wir das Thema im Blick haben.

Steht man als Klimaschutzmanagerin vor offenen Türen oder gibt es auch Skepsis?

Im Sinne von: Da sind sie wieder, diese Öko-Spinner? Nein, alle Türen sind sehr offen, und angegriffen hat sich noch keiner gefühlt. Wir gehen allerdings auch sehr behutsam vor. Wer auftritt, als wolle er alles abschalten, provoziert nur Trotzreaktionen, und das bringt ja nichts. Wir setzen auf die Gemeinschaftlichkeit.

Die Hochschule hat sogar ein Klimaschutzmanager-Team – Sie haben noch einen Kollegen.

Wir sind stolz darauf, das geschafft zu haben. Mein Kollege Eduard Strauss ist für den technischen Bereich im Gebäudebetrieb zuständig, zum Beispiel den Anstoß von Sanierungs- und Effizienzmaßnahmen oder den Ausbau von regenerativer Energieerzeugung.

Uns Sie?

In meinen Bereich fällt die Kommunikation der Klimaschutzmaßnahmen sowie die Vernetzung mit Akteur*innen innerhalb und außerhalb der Hochschule. Außerdem haben wir einen Klimaschutzbeirat, dem auch unser hauptberuflicher Vizepräsident angehört. Dort entwickeln wir gemeinsam Ideen und Maßnahmen.

Hochschulpräsident Andreas Bertram hat alle Wissenschaftler*innen seines Hauses gebeten, sich in die Liste der Scientists4Future einzutragen.

Das zeigt, wie ernst ihm das Thema ist. Es gibt in Osnabrück eine Ortsgruppe, da sind rund 60 Leute drin, die Hälfte davon von uns.

Wie frei sind Sie in Ihren Entscheidungen?

Es ist ein sehr selbständiges Arbeiten, uns sind nirgendwo die Hände gebunden. Da herrscht viel Offenheit, auf allen Ebenen. Wir haben flache Hierarchien, das hilft dabei sehr. Wer eine Idee hat, stellt sie zur Diskussion, auch wenn sie auf den ersten Blick auch noch so komisch klingt. Ungewohntes ist jeder hier aus der Forschung ja gewohnt.

Sabine Adamaschek ist Ökotrophologin und hat Nachhaltige Dienstleistungs- und Ernährungswirtschaft studiert. Schon vor ihrer Zeit als Klimaschutzmanagerin war sie im Klimaschutz aktiv und hat sich für nachhaltigen Konsum eingesetzt.

Auf welche Einzelmaßnahme sind Sie besonders stolz?

Auf den Ausbau der regenerativen Energieerzeugung. Ein Drittel unseres Wärmebedarfs decken wir bereits klimafreundlich oder klimaneutral ab.

Was sind Ihre nächsten konkreten Maßnahmen?

Wir wollen nachhaltige Mobilität weiter fördern. Für unseren Hauptstandort am Westerberg soll in einigen Jahren die Durchfahrt für den motorisierten Individualverkehr gesperrt werden, sodass der Campus für den Rad- und Fußverkehr attraktiver wird. Wir wollen zum Beispiel weitere Fahrradabstellanlagen an allen Standorten errichten, auch überdachte. Wir holen in Zukunft sicher verstärkt auch die Lehrenden ins Boot. Aber es ist nicht unser Ansatz, Dinge zu verbieten.

Angesichts Ihrer bisherigen Maßnahmen: Findet sich eigentlich noch viel Optimierungspotenzial?

Das wird natürlich zunehmend schwierig. In Zukunft geht es verstärkt um nachhaltige Materialbeschaffung, um klimafreundliche Mobilität.

Wird die Hochschule Osnabrück eines Tages klimaneu­tral sein? Und wann könnte dieser Tag kommen?

Viele Einrichtungen erreichen die Klimaneutralität mit dem Zukaufen von CO2-Zertifikaten. Wir verfolgen den Ansatz, den CO2-Ausstoß und Energieverbrauch allgemein zu senken. Und dabei konnten wir in den letzten Jahren Erfolge erzielen. Diesen Weg wollen wir weitergehen.

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