Bürgerschaftskanzlei schwärzt Namen: Keine Zuarbeit für Todeslisten

Hamburgs Bürgerschaftskanzlei schwärzt die Namen linker Aktivisten in einer AfD-Anfrage: Sie wolle der rechten Szene kein Nachschlagewerk liefern.

"Omas gegen Rechts steht bei einer Demonstration gegen Rassismus und Rechtspopulismus am 25.5.2019 auf Transparenten.

Für die AfD schon linksextrem? Die „Omas gegen rechts“ bei einer Demonstration Ende Mai Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Hamburgische Bürgerschaft will mit ihrem Informationsportal nicht die Todeslisten von Rechtsextremisten füttern. Aus diesem Grund hat die Bürgerschaftskanzlei eine Große Anfrage der AfD mit dem Titel „Verflechtungen und Kontakte der Partei Die Linke Hamburg zu linksextremistischen Gruppen“ schwärzen lassen.

„Ich werde es nicht zulassen, dass parlamentarische Dokumente zum Nachschlagewerk der rechten Szene für ihre unerträglichen Aktivitäten werden“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). Veit bezog sich dabei auf die in der vergangenen Woche wieder aufgeflammte Berichterstattung über die Todes- oder Feindeslisten Rechtsradikaler, die die taz schon seit zwei Jahren thematisiert.

Demnach bereitet sich eine Gruppe von Rechtsextremisten namens „Nordkreuz“ auf einen Umsturz vor. Sie hat die Namen und Daten von rund 25.000 politischen Gegnern aus dem ganzen Bundesgebiet gesammelt, die „im Konfliktfall“ ermordet werden sollen. „Die Hinweise darauf, dass in der rechtsextremistischen Szene Listen mit Zielpersonen aus der linken Szene angelegt werden, verdichten sich“, stellte Veit fest. Deshalb habe die Bürgerschaftskanzlei die für eine Veröffentlichung geltenden Maßstäbe verschärft.

„Für die AfD-Fraktion hat die Wahrung der Persönlichkeitsrechte einen hohen Stellenwert“, versicherte Fraktionschef Alexander Wolf. Deshalb habe sich die Fraktion schon im Vorfeld der Veröffentlichung an die Bürgerschaftskanzlei gewandt, um den Wortlaut mit dieser abzustimmen.

Kleine und Große Anfragen sind ein wichtiges Instrument der parlamentarischen Arbeit.

Die Verwaltung beantwortet sie, der Senat segnet sie ab.

Ihre Zahl ist stark gewachsen. Allein in der vergangenen Legislaturperiode wurden mehr als 14.600 davon gestellt.

Der weit überwiegende Teil der 22-seitigen AfD-Anfrage besteht nicht aus Fragen, sondern aus einer Sammlung von Ereignissen, an denen Bürgerschaftsabgeordnete der Linken und zugleich Leute teilgenommen haben, die die AfD offenbar als linksextremistisch einstuft. Die Veranstaltungen reichen von Kundgebungen über Podiumsdiskussionen und Pressekonferenzen bis hin zu Stadtteilfesten – die angeblich linksextremistischen Akteure von der DKP und der sozialistischen Jugendorganisation „Die Falken“ über die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) und den Selbsthilfeverein Altona Altstadt bis zur Föderation türkischer Arbeitervereine (DIDF) und der Alevitischen Gemeinde Hamburg (HAKM).

Die Bürgerschaftskanzlei schwärzte darin alle Namen außer denen von Abgeordneten und ohnehin schon herausgehobenen Leuten wie Emily Laqeur, der Sprecherin der Interventionistischen Linken, oder Cornelia Kerth, der Vorsitzenden der VVN-BdA. Darüber hinaus machte sie die Fußnoten unkenntlich, die Hinweise auf die geschwärzten Namen hätten geben können. Dem Senat sei die Anfrage ungeschwärzt vorgelegt worden, versicherte die Bürgerschaftspräsidentin.

Die vielen gemeinsamen Veranstaltungen werfen aus Sicht der AfD „zunehmend die Frage auf“, ob „Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ vorlägen. In diesem Fall müsse der Verfassungsschutz die Öffentlichkeit informieren, in welch schlechter Gesellschaft Die Linke auftrete oder gar Die Linke selbst beobachten.

Die AfD beruft sich dabei auf den Anfang Juli vorgestellten Verfassungsschutzbericht, bei dem Innensenator Andy Grote (SPD) besonders vor dem Phänomen der Entgrenzung warnte: Extremisten versuchten, mit ihren Positionen in die demokratische Mitte einzusickern, indem sie populäre Themen aufgriffen.

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