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Hauptsache, nicht nach Europa

Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei will, dass aus Seenot Gerettete nach Nordafrika gebracht werden

Von David Rutschmann

In der Debatte um die Seenotrettung im Mittelmeer bringt der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion Thorsten Frei (CDU) die Idee der Ausschiffungsplattformen auf nordafrikanischem Boden wieder ins Spiel. Dem Deutschlandfunk sagte Frei, dass die derzeitige Situation in afrikanischen Geflüchtetenlagern, wie sie in Libyen zu beobachten ist, inakzeptabel sei und Menschen nicht dorthin zurückgeschickt werden sollten. Stattdessen sollten in Nordafrika sogenannte Ausschiffungsplattformen errichtetet werden – wobei Geflüchtete letztlich doch nach Nordafrika zurückgeschickt würden.

Das Verb „ausschiffen“ beschreibt laut Duden einen Prozess, bei dem etwas oder in diesem Fall jemand von einem Schiff an Land gebracht wird. Das heißt: Geflüchtete, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten, sollen nach ihrer Rettung in Auffanglager außerhalb der EU gebracht werden. Dort soll ihre Perspektive auf Asyl in Europa geprüft werden.

Freis Vorschlag fußt dabei auf einem Beschluss der EU-Regierungschefs, die sich im vergangenen Jahr für „regionale Ausschiffungsplattformen“ in Nordafrika ausgesprochen hatten. Das Konzept stieß in nordafrikanischen Staaten auf großen Widerstand, die Idee wurde als „vereinfachend und kontraproduktiv“ bezeichnet. Bei seinem Besuch in Tunesien im Herbst 2018 hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Bestrebungen schließlich vom Tisch geräumt.

Frei allerdings will, dass die Idee nun wieder aufgegriffen wird. „Selbstverständlich wäre es besser, die Menschen in den Ausgangshafen zurückzubringen und dort zu unterscheiden, ob es eine Asylperspektive in Europa geben kann“, sagte er. „Dann kommen sie nach Europa oder eben nicht, und dann müsste die Rückführung in die Herkunftsländer direkt von diesen Ausschiffungsplattformen passieren.“

Frei könnte sich vorstellen, dass die EU die Plattformen gemeinsam mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) betreibt. Der deutsche UNHCR-Vertreter Dominik Bartsch äußerte sich kritisch zu den Plänen: „Niemand sollte derzeit nach Libyen zurückgebracht werden“, sagte er der taz. „Angesichts des europäischen Geschachers um die Aufnahme von wenigen Migranten von einem Rettungsschiff überlegen sich andere nordafrikanische Staaten genau, ob sie sich beteiligen wollen.“

Das Hilfswerk sei bereit, mit seiner Expertise an humanitären Lösungen mitzuwirken, sofern der Zugang zum individuellen Schutz in Europa gewahrt bleibe. „Dabei dürfen die Staaten, die solche Ausschiffungsplattformen einrichten, nicht mit den Herausforderungen der Asylverfahren und den Folgemaßnahmen allein gelassen werden“, so Bartsch.

Während Frei also überlegt, wie man Geflüchtete von Europa fernhalten kann, fordert Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete das genaue Gegenteil: Im Interview mit der Bild-Zeitung forderte sie die europäischen Staaten zur Aufnahme der Migranten auf, die sich in libyschen Flüchtlingslagern oder in den Händen von Schleppern befinden. „Die, die in Libyen sind, müssen dort sofort raus in ein sicheres Land“, sagte Rackete.

Unterstützung dafür kommt von Ulla Jelpke, der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. „Die Bundesregierung muss umgehend allen in Libyen befindlichen Flüchtlingen eine sichere Überfahrt über das Mittelmeer und eine Aufnahme in Deutschland ermöglichen“, sagte Jelpke. „Um der humanitären Krise im Mittelmeer ein Ende zu setzen, müssen endlich dauerhaft sichere Fluchtwege nach Europa geschaffen werden.“

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