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Schweinswalein der Lärmhölle

Nach einer Verbesserung des Schallschutzes beim Rammen von Offshore-Windrädern haben Schweinswale die Baustellen genauso weiträumig gemieden wie vorher. Nach einem Tag kamen sie in das Gebiet zurück. Umweltschützer sorgen sich weiterhin um den Bestand der Tiere

Von Gernot Knödler

Die Pfähle für Windkraftanlagen in den Meeresboden zu rammen, macht Krach, richtig Krach: Ein Rammschlag ist so laut wie ein startendes Düsenflugzeug, mehrere Tausend Schläge sind nötig, um das Ding ins Erdreich zu treiben. Der infernalische Lärm schadet dem Schweinswal, der einzigen heimischen Walart, die schon durch andere Einflüsse starke Verluste erlitten hat.

Damit der Versuch, die Energiewende und damit den Klimaschutz voranzubringen, nicht zu sehr in Konflikt mit dem Artenschutz gerät, hat das Bundesamt für Naturschutz 2013 Lärmschutzvorgaben für die Errichtung von Windkraftanlagen auf See gemacht. Wie aus einem Gutachten hervorgeht, das der Bundesverband der Windkraftbetreiber Offshore (BWO) jetzt vorgestellt hat, gab es beim Lärmschutz eine Verbesserung.

Unterhalb einer bestimmten Schwelle habe diese aber keinen Effekt mehr auf das Verhalten der Zwergwale gehabt: Eine Reduktion des Lärms unter die Schwelle von 165 Dezibel habe nicht dazu geführt, dass die Wale weniger weit von der Baustelle flüchteten. Dagegen flohen sie mit jedem Dezibel mehr vor den Rammschlägen umso weiter. Der geltende Grenzwert liegt bei 160 Dezibel in 750 Metern Entfernung.

Die Autoren der Studie bezeichnen dieses Ergebnis als überraschend. Das Bundesamt für Naturschutz war in seinem Schallschutzkonzept davon ausgegangen, dass sich bei Lärmwerten von weniger als 165 Dezibel in 750 Metern Entfernung das Gebiet um die Baustelle herum, in dem sich die Tiere gestört fühlen würden, kontinuierlich verkleinern würde.

Laut der Untersuchung begannen die Wale schon 24 Stunden vor Beginn des Rammens damit, das betroffene Gebiet auf Entfernungen von 15 bis 19 Kilometer zu verlassen – womöglich wegen des zunehmenden Lärms bei den Vorbereitungen der Baustelle. 24 Stunden später kehrten sie wieder zurück. „Ein Effekt der Bauvorhaben auf Populationsebene ist nicht nachweisbar“, stellte der BWO fest.

Verbandsgeschäftsführer Uwe Knickrehm bezeichnete das Ergebnis der Studie als gute Nachricht für den Artenschutz wie für die Energiewende. Sie zeige, „dass der dringend notwendige Ausbau der Offshore-Windenergie und ein nachhaltiger Arten- und Naturschutz nicht unlösbar miteinander im Konflikt stehen müsse, sondern dass Klimaschutz und Naturschutz mit geeigneten Maßnahmen in Einklang gebracht werden können“.

Die aktuelle Studie Gesamtschall(Gescha)2 basiert auf den Jahren 2014 bis 2016 und bezieht sich auf die ähnliche Studie Gescha1 für die Jahre 2010 bis 2013. Demnach brachte die Dämmung in der späteren Periode eine Schallreduktion von 15 Dezibel. Überdies seien die gedämmten Rammungen in der späteren Periode neun Dezibel leiser gewesen als in der früheren.

„In den Jahren 2014 bis 2016 konnte das Lärmschutzkriterium von 160 Dezibel fast immer eingehalten werden“, stellen die Studienautoren fest. Das sei das Ergebnis verstärkter Anstrengungen zum Schallschutz. Dazu hat sich die Industrie einiges ausgedacht: Schläuche mit Löchern, die um die Lärmquelle herum Schleier aus Luftblasen produzieren, das Einhausen der Rammstelle oder Verfahren, die ohne Rammen auskommen, wie schwimmende Fundamente oder solche, die sich in den Meeresboden festsaugen.

Als weitaus größtes Risiko für den Bestand der Tierart gilt die Stellnetzfischerei

Ob das Studienergebnis wirklich so positiv ist, daran hat Hans-Ulrich Rösner vom Wattenmeerbüro der Umweltstiftung WWF zumindest Zweifel. „Dass die Schweinswale auch bei 160 Dezibel wegschwimmen, kann man auch anders interpretieren“, sagt Rösner. Das Wesentliche sei nicht das Verhalten der Tiere, sondern dass ihr Gehör in dem verlärmten Gebiet nicht geschädigt werde.

Die bis zu 80 Kilogramm schweren und 1,80 Meter langen Schweinswale zeichnen ähnlich wie Fledermäuse durch das Ausstoßen von Lauten und deren Echo ein akustisches Bild ihrer Umgebung. Wird dieses Bild durch vorübergehende oder dauerhafte Taubheit gestört, finden sie ihre Artgenossen und ihre Beute nicht und sie können nicht untereinander kommunizieren.

Das kann dazu führen, dass sich Mütter und Kälber verlieren und sogar dazu, dass die Säuger verhungern: Über den Tag hinweg müssen sie mehrfach fressen, was nicht möglich ist, wenn sie schlecht hören oder aus ihren Nahrungsgründen vertrieben werden.

Als weitaus größtes Risiko für den Bestand der Tierart gilt allerdings die Stellnetzfischerei. Diese hat es zwar nicht auf die Schweinswale abgesehen, allzuoft verheddern sich die Tiere jedoch in den Netzen und ersticken. Das Meeresmuseum Stralsund ermittelte bei der Obduktion von 324 Kadavern bei mehr als 60 Prozent Beifang als Todesursache.

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