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Nächste Eskalation am Persischen Golf

Mutmaßlich neuer Vorfall in der Straße von Hormus: Iran soll versucht haben, einen britischen Öltanker an der Weiterfahrt zu hindern. Die Regierung in Teheran bestreitet das

Von Bernd Pickert

Die britische Regierung hat am Donnerstag dem Iran den Versuch vorgeworfen, einen britischen Öltanker in der Straße von Hormus an der Weiterfahrt gehindert zu haben. Demnach hätten am Mittwoch drei Schnellboote, mutmaßlich von den iranischen Revolutionsgarden, den Tanker „British Heritage“ in iranische Hoheitsgewässer abdrängen wollen. Erst als die britische Fregatte „HMS Montrose“, die den Tanker eskortierte, ihre Waffen auf die Boote richtete und sie verbal zum Abdrehen aufforderte, hätten sie von ihrem Vorhaben abgelassen. Angeblich, heißt es in Medienberichten, hätten die USA den Vorgang aus der Luft gefilmt.

Der Iran bestreitet den Vorfall, die Vorwürfe seien „wertlos“, sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.

Allerdings hatte die iranische Regierung vor gut einer Woche genau mit solchen Aktionen gedroht, nachdem ein iranischer Öltanker bei Gibraltar von britischen Kriegsschiffen gestoppt und an der Weiterfahrt gehindert worden war. Der Tanker soll, so die Begründung, iranisches Rohöl für Syrien geladen haben – eine Verletzung geltender Sanktionen gegen das Assad-Regime.

Der Iran nannte den Vorfall einen „Akt der Piraterie“. Der ­Vizechef der Revolutionsgarden, Ali Fadawi, sagte, Großbritannien und die USA würden diese „Dummheit“ noch „bereuen“. Und Mohsen Resai, ein hoher Berater des obersten iranischen Führers Ajatollah Ali Chamenei, twitterte: „Wenn Großbritannien den iranischen Tanker nicht freigibt, ist es die Pflicht unserer Behörden, einen britischen Tanker festzuhalten.“ Der iranische Tanker wird nach wie vor an der Weiterfahrt gehindert.

Ob der mutmaßliche Vorfall vom Mittwoch in der Straße von Hormus nun die Umsetzung dieser Ankündigung war, ist zunächst nicht klar. Es ist das gleiche Muster wie bei den Sabotageakten gegen Handelsschiffe vor einigen Wochen: Die USA und Großbritannien machten auch dafür den Iran verantwortlich – der Iran bestreitet kategorisch jede Verantwortung.

Die neue mutmaßliche Attacke kommt nur einen Tag, nachdem die US-Regierung angekündigt hatte, eine „Koalition der Willigen“ zusammenstellen zu wollen, um den freien Schiffsverkehr in der für den Ölhandel weltweit wichtigen Meerenge militärisch gegen Angriffe aus dem Iran abzusichern. Die deutsche Bundesregierung, ebenfalls um Mithilfe gebeten, hatte sich zunächst bedeckt gehalten – das Thema werde diskutiert, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch.

Hatte sich die britische Regierung bislang an die Seite Deutschlands und der anderen Europäer gestellt, die den einseitigen Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran ablehnen und an dem Vertrag festhalten wollen, so sind mit dem jüngsten Vorfall die Spannungen zwischen London und Teheran erneut gestiegen.

Ohnehin sind die Beziehungen belastet, seit 2016 eine Britisch-Iranerin im Iran wegen Spionage zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Die Frau, Nazanin Zaghar-Ratcliffe, bestreitet die Vorwürfe. Die britische Regierung fordert ihre Freilassung.

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