: Bagger zu nah am Hambi
RWE gräbt direkt bis an den Wald – und gefährdet damit die Bäume. Trotz eines Gerichtsurteils und den Vorgaben der Kohlekommission
Aus dem Hambacher Forst Bernd Müllender
Zwar hat der Energiekonzern RWE oft beteuert, den Hambacher Forst erhalten zu wollen. Dennoch gräbt er mit seinen Braunkohlebaggern immer näher an das umstrittene Waldgelände mitten im rheinischen Braunkohlerevier heran – und gefährdet so dessen Bestand.
„Wir haben die Befürchtung, dass die wasserspeichernden Erdschichten angeschnitten und durch die Hintertür Fakten geschaffen werden“, sagt Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Bereits Mitte April hatten die Naturschützer Alarm geschlagen. Seinerzeit waren die Bagger noch 150 Meter entfernt von dem Wald, der zum Symbol des Protests gegen die Braunkohle geworden ist. Mittlerweile sind es laut Jansen nicht mal 100 Meter. Die zuständige Bergbaubehörde Arnsberg müsse dem Energieversorger RWE als Betreiber endlich klare Grenzen setzen, forderte Jansen. Das war am Donnerstagabend bei einem improvisierten Protest- und Pressetermin – allerdings war da der Bagger bereits schnell einen Kilometer rückwärts geparkt worden.
Im September vorigen Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht Münster die Rodung des Waldes bis Ende 2020 verboten. Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hatte es als „wünschenswert“ bezeichnet, das umstrittene Waldstück im rheinischen Kohlerevier zu erhalten.
Erst am vergangenen Wochenende hatten Tausende Aktivisten der Protestbewegung „Ende Gelände“ den Betrieb mit dem Eindringen in den Tagebau lahmgelegt. Robert Borsch-Laaks, studierter Bauphysiker und engagierter Aacher Umweltschützer, wollte ganz genau wissen, was an der östlichen Ecke des Waldes passiert. Der 71-Jährige entdeckte auf der Internetseite planet.org Satellitenaufnahmen, auf denen er den Weg der Bagger in den vergangenen 14 Tagen exakt nachverfolgen konnte. So sah Borsch-Laaks, wie sich ein Bagger an die Waldspitze herangrub und dort am Donnerstag keine 50 Meter vor den ersten Bäumen des Waldes zum Stehen kam. „Während wir noch friedlich, freundlich und fröhlich einen menschlichen Schutzwall für die Dörfer in Garzweiler bildeten, geschah in Hambach, was wir befürchtet hatten“, empört sich Borsch-Laaks.
Der Bagger sei „unmittelbar davor, mit seinem Schaufelrad die Wurzeln der Bäume zu erreichen“. Sein Vordringen Richtung Wald hat möglicherweise verheerende Folgen. „Bodengeologisch ist das fatal bei solch einer nackten Kante, zumal in der derzeitigen großen Hitze“, sagt Borsch-Laaks.
Die Möglichkeit, dass die Bagger die für den Wald wassersichernden Schichten anschneiden, sieht auch BUND-Experte Jansen. Wann und wo das passiere, sei unklar, könne aber das Absterben des Waldes bedeuten.
Eine Anfrage ließ die RWE-Pressestelle unbeantwortet. Stattdessen teilte der Konzern am Donnerstagabend mit, im Forst an mehreren Stellen einsturzgefährdete Baumgruppen fällen zu wollen, „wie es die Sicherheit von Verkehrsteilnehmern und Waldbesuchern erfordert“.
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