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Berlin schließt den Mietendeckel

Senat macht ernst: Mietenstopp für fünf Jahre gilt praktisch ab sofort. Bei Verstößen drohen Geldbußen

Aus Berlin Wolfgang Mulke

Rund 1,5 Millionen Haushalte in Berlin müssen sich vor steigenden Wohnkosten vorerst nicht mehr fürchten. „Die Mieten dürfen fünf Jahre lang nicht erhöht werden“, sagte Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), nachdem der Senat ihren Preisstopp am Dienstag beschlossen hatte. In der Praxis gilt diese Regelung ab sofort, obwohl es bisher nur Eckpunkte dafür gibt. Doch mit Veröffentlichung dieser Eckpunkte ist das Moratorium nach Angaben der Senatorin rechtswirksam. Im Oktober soll der Gesetzentwurf vorliegen und bis Ende Januar 2020 in Kraft treten.

Als Begründung fügte Lompscher das extrem knappe Angebot an Mietwohnungen in der Hauptstadt an. „Wir haben eine Wohnungsnotlage“, stellte sie fest. Vor stark steigenden Preisen müssten auch die Bestandsmieter geschützt werden. Rechtlich betritt Berlin damit Neuland. Erst seit der Föderalismusreform 2006 ist die Wohnungspolitik Ländersache. Seither hat noch kein Bundesland in die Preisbildung eingegriffen.

Der Eigentümerverband Haus & Grund war schon vor der Senatsentscheidung gegen den Deckel zu Felde gezogen und hatte seine Mitglieder zu vorgezogenen Mieterhöhungen aufgefordert. Lompscher nannte diesen Aufruf am Dienstag „unsäglich“. In vielen Kurznachrichten im Internet beklagten sich Mieter über noch auf den letzten Drücker ausgesprochene Mieterhöhungen. Damit werden die Hausbesitzer nach Einschätzung der Senatorin jedoch nicht durchkommen. Die Mieter müssten der Erhöhung zustimmen. Die Frist dafür erstrecke sich in den Zeitraum des Moratoriums hinein, sagte sie. Im Zweifel sollten Betroffene daher zunächst nur unter Vorbehalt zustimmen.

Die Eckpunkte sehen eine Reihe von Ausnahmen vor. Der Deckel gilt nur für nicht preisgebundene Bestandswohnungen. Der soziale Wohnungsbau gehört nicht dazu, ebenso wenig Neubauten. Auch dürfen die Vermieter grundsätzlich weiterhin Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen, allerdings nur kontrolliert. Bis zu einer Bagatellgrenze von 50 Cent Mietererhöhung pro Quadratmeter Fläche müssen die Eigentümer die Sanierung nur anzeigen. Alle größeren Investitionen sind genehmigungspflichtig.

Auch eine Härtefallregelung ist vorgesehen. Reichen die Mieteinnahmen zum wirtschaftlichen Betrieb eines Hauses nicht aus, kann eine Erhöhung genehmigt werden. Das gilt laut Lompscher auch für Genossenschaften. Mit dieser Ausnahmeregelung will der Senat vor allem jene Vermieter schützen, die bisher bewusst nicht an die möglichen Mietobergrenzen gegangen sind.

Hoffnung bringt die Neuregelung auch für Mieter, die jetzt schon viel zu viel Miete bezahlen. Auf Antrag der Mieter überprüfen die Behörden die Höhe. Dafür soll noch ein System zur Ermittlung von Miet­ober­grenzen entwickelt werden. Im Zweifel muss der Besitzer die Miete senken. Bei Verstößen gegen den Mietendeckel müssen sich die Eigentümer auf Sanktionen einstellen. Lompschers Eckpunkte sehen Bußgelder von bis zu 500.000 Euro vor.

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