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Das Grundgesetz wird 70Freiheit, die wir meinen

Bei einer Debatte über das Grundgesetz lassen Kreuzberger Schüler*innen Justizsenator Dirk Behrendt links stehen.

Das Grundgesetz wird 70 Jahre alt Foto: dpa

Das Oberstufenzentrum Handel 1 in der Wrangelstraße muss eine der schönsten Schulen Berlins sein. Die ehemalige königliche Kaserne in Kreuzberg glänzt mit ihren gelben Ziegeln, den beiden Türmchen und dem herrschaftlichen Portal, durch das am Morgen die Berufschüler*innen zum Unterricht gehen.

Etwa 30 von ihnen, aus den Ausbildungsgängen Einzel-, Groß- und Außenhandel, warten am Mittwochmorgen schon im Raum 1.2.00 auf eine exklusive Schulstunde. Denn der 70. Geburtstag des Grundgesetzes steht an und Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) möchte mit den 17- bis 27-Jährigen über die deutsche Verfassung sprechen.

„Man kann eine langweilige Veranstaltung zum Jahrestag machen oder man bringt das Grundgesetz zu den Menschen. Und da bietet sich eine Schule doch an“, erklärt er das. Zunächst läuft alles wie Unterricht: Jede*r bekommt ein Exemplar des Grundgesetzes in die Hand und dann geht der studierte Jurist Behrendt die besonders bedeutenden Artikel der Verfassung durch.

Poetische Sätze

„Artikel 1.1 ist der poetischste Satz im Gesetz. ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar‘, das bedeutet, dass der Mensch als freies Wesen im Mittelpunkt steht. Die Menschen sind keine Sklaven mehr.“ Behrendt ist ein guter Pädagoge, er bindet die Schüler*innen ein und sucht die Brücke zu dem, was junge Menschen interessieren könnte: „Das Zentrale bei Fridays for Future als Demonstration ist, dass Leute sich da treffen und ihre Meinung bekunden. Das sichert der Artikel 8.“

Das Recht auf die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit aus Artikel 2.1, so Behrendt, beinhalte nicht nur die freie Entscheidung für Sport oder Party am Wochenende, sondern auch das Recht auf Kiffen. Und während die Azubis das Beispiel Versammlungsfreiheit eher gleichgültig aufgenommen haben, scheint das nun die Gemüter der Schüler*innen zu erregen.

Wie es sein könne, dass man die Null-Toleranz-Strategie im Görlitzer Park zugunsten von rosa Linien aufgegeben hätte, die die Drogengeschäfte im Görli akzeptieren würden, fragt ein Schüler, und ein anderer: „Warum verhaften Zivilpolizisten nicht einfach die Verkäufer?“ In Raum 1.2.00 entsteht der Eindruck, dass sich Behrendt seine jugendlichen Kreuzberger Schüler*innen ein wenig entspannter und die sich ihren Justizsenator ein wenig rigider wünschten. Dieser Eindruck erhärtet sich beim Thema Abschiebung straffälliger Geflüchteter, bei dem Behrendt die Schüler*innen bremsen muss.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 3.2 GG) ist da nur scheinbar ein gemeinsamer Nenner. Eine Schülerin fragt, ob zur vollen Gleichberechtigung nicht eine Änderung von 12a.1 gehöre. Behrendt meint, ja, falls man irgendwann die Wehrpflicht wieder einführen würde, müsste man auch die Frauen in den Artikel aufnehmen. Aber die Wehrpflicht wolle er keinesfalls zurück.

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3 Kommentare

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  • Die Interprätation des Senators ist etwas schief. Die Wüde des Menschen und die Freiheit sind zwei verschiedene Schuhe.

  • Frau Kipping (DIE LINKE) schlug kürzlich vor, soziale Rechte ins Grundgesetz rein zu nehmen. Darüber könnte man mit Kindern sprechen. Denn das würde viele Missstände in unserem Land beheben. Außerdem entspricht das der Politik von allen drei Parteien in der Wunschkoalition Rot-Rot-Grün.

  • Schade, dass leider nicht berichtet wird, was der Senator den Schülern geantwortet hat. So bleibt der Artikel etwas inhaltsleer.