piwik no script img

Um Wahlverlierer Poroschenko wird es einsam

Nach seiner Niederlage bei der Präsidentenwahl bleiben Petro Poroschenko noch sechs Wochen, bevor er den Sessel räumen muss. Doch der erdrutschartige Sieg seines Herausforderers Wolodimir Selenski verändert schon jetzt, nur drei Tage nach der Wahl, die politische Landschaft. Umfragen sehen Selenskis Partei Diener des Volkes bei den Parlamentswahlen im kommenden Oktober bei über 25 Prozent der Stimmen.

Und dies weckt Begehrlichkeiten. Wenige Tage vor der Stichwahl hatte ein Kiewer Gericht die inhaftierte Abgeordnete Nadja Sawtschenko freigelassen. Der Schritt zeigte, dass man im Gericht nicht von einer Wiederwahl Poroschenkos ausgegangen war. Nur einen Tag nach dem Sieg Selenskis lud die Generalstaatsanwaltschaft den ehemaligen Leiter der Präsidialadministration, Boris Loschkin, den Vize-Chef der Präsidialadministration, Alexej Filatow, und die ehemalige Chefin der Nationalbank, Walerija Gontarewa, zu einem Verhör vor. Sie werden der Korruption verdächtigt und kommen alle aus dem engen Umfeld Poroschenkos.

Ebenfalls am Montag erklärte der Abgeordnete Igor Luzenko, er suche weitere KollegInnen, um den Rücktritt des Generalstaatsanwalts Jurij Luzenko zu erwirken. Auch der war Poroschenko gegenüber stets loyal.

Unterdessen kündigte Premier Wolodimir Groisman, ebenfalls ein Vertrauter Poroschenkos, die Gründung einer eigenen Partei an. Dort würden „Leute mit gutem Ruf“ mitarbeiten. Auch zwei von Poroschenko ernannte Gouverneure traten zurück. Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko findet plötzlich lobende Worte für Selenski. Dessen Wahl sei so bedeutsam wie die Orangene Revolution 2005 und die Revolution 2013/2014. Bernhard Clasen, Kiew

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen