: Gegenwind für Enteignungsfantasien
Grünen-Chef Habeck und SPD-Vize Stegner stoßen mit ihren Anregungen, Wohnungsunternehmen zu enteignen, auf harsche Kritik bei den Unternehmen. Stegner hatte selbst die landeseigene Wohnungsgesellschaft verkauft
Mit Äußerungen zur Enteignung von Immobilienkonzernen stoßen Grünen-Chef Robert Habeck und SPD-Vize Ralf Stegner auf Kritik bei Wohnungsunternehmen und Hauseigentümern in Schleswig-Holstein. „Offensichtlich hat Robert Habecks Abstinenz bei den sozialen Medien nicht das erstrebte Ziel erreicht, zu gehaltvolleren Aussagen zu kommen“, sagte am Montag der Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner.
Habeck hatte am Wochenende erklärt, er halte Enteignungen prinzipiell für denkbar, wenn etwa Eigentümer Baugrundstücke lange brachliegen ließen. Breitner war vor seinem Wechsel zur Wohnungswirtschaft in Kiel Innenminister und Stellvertreter des damaligen SPD-Landeschefs Ralf Stegner. Dieser hatte Enteignungen als letztes „Notwehrrecht“ des Staats gegen Wohnungsnot verteidigt. Breitner und der Landesvorsitzende des Eigentümerverbandes Haus & Grund, Alexander Blažek, warfen Habeck und Stegner Verantwortungslosigkeit vor.
Mit Enteignungen entstünde keine bezahlbare Wohnung mehr, rügten sie. Wenn Stegner Enteignungen nicht ausschließe, sei das ein Treppenwitz der Geschichte. „Als er Finanzminister war, hat die SPD-geführte Landesregierung die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft mit mehr als 20.000 Wohnungen verscherbelt“, sagten Breitner und Blažek. „Mietpreisbremse, Mietendeckel und vor allem Enteignung bereiten den sprachlichen Boden für gesellschaftlichen Unfrieden“, meinte Breitner. Dabei seien die Mieten selbst in Metropolen 2018 um nur 1,8 Prozent gestiegen, sagte Blažek.
Auch Niedersachsens Bauminister Olaf Lies (SPD) äußerte sich skeptisch zu Enteignungen. Der Staat solle vorsichtig sein, „so etwas als seine vorrangige Aufgabe zu betrachten“, sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Es gebe bessere Mittel. Eine Wohnraumschutzverordnung solle es Kommunen ermöglichen, gegen Leerstand und Spekulation vorzugehen. In Niedersachsen investierten Bund und Land etwa 1,5 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau. In Hannover und Göttingen beteiligten sich am Samstag 150 Menschen an den bundesweiten Aktionen gegen steigende Mieten. (dpa)
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