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Meeresrauschen im Kino

Im B-Movie auf St. Pauli läuft die kleine Filmreihe „Seh-Stücke“: Dokumentationen und unabhängige Produktionen rund um die Ozeane

Von Wilfried Hippen

In einer Hafenstadt Filme über die See zu zeigen ist fast schon zu konventionell. „Maritim“ nannte man früher solche Veranstaltungen, doch diese altbackene Vokabel vermeiden die Programm-macher des B-Movie und nennen ihre kleine Filmreihe stattdessen „Seh-Stücke“. Filme über das Meer als „Sehnsuchtsort, Flucht- und Reiseweg“ haben sie dafür ausgesucht. Und um jede Hafennostalgie zu vermeiden, wurden nur neuere Filme ausgewählt.

Die Dokumentation „Seestück“ von Volker Koepp lief vor ein paar Wochen noch in den Programmkinos. In ihr zeigt Koepp die Ostsee in den verschiedenen Jahreszeiten und Lichtverhältnissen und er lässt Fischer, Seeleute und Wissenschaftler von ihrer Arbeit, ihren Geschichten und Träumen berichten. Auf dem Programm steht außerdem Koepps Komplementärfilm „Landstück“. Am 28. April wird der Filmemacher beide persönlich vorstellen.

Stanislaw Mucha ist ein Filmemacher, der mit einem bewusst subjektiven Blick seine Reisen durch Osteuropa dokumentiert. Für „Tristia – Eine Schwarzmeer-Odyssee“ fuhr er die 5.000 Kilometer lange Küste des Schwarzen Meers entlang und porträtierte dabei skurrile Reisebekanntschaften.

Auf dem Wasser spielt der Film „Fahrtwind – Aufzeichnungen einer Reisenden“. Dafür ist die Filmemacherin Bernadette Vogel mit einem Frachtschiff auf der Donau von Österreich bis Kasachstan gefahren. Sie hat dabei nur mit einer Super-8-Kamera gearbeitet, ihre Impressionen eher assoziativ montiert und darauf verzichtet, als Erzählerin ihre Bilder zu erklären.

In diesen Tagen ist das Meer oft ein gefährlicher Fluchtweg für jene, die alles versuchen, um ihre Heimat zu verlassen, um der Verfolgung oder dem Elend zu entgehen. Zwei deutsche Filmemacher haben dazu sowohl inhaltlich wie auch stilistisch bemerkenswerte Filme gedreht: In „Havarie“ hat Philip Scheffner ein kurzes Youtube-Video, das ein Passagier auf einem Kreuzfahrtschiff von einem im Meer treibenden Flüchtlingsboot gemacht hat, zu einer 90 Minuten langen einzigen Einstellung gestreckt.

Auf der Tonspur entfaltet sich dazu das Drama um diese Schiffbrüchigen, und die Irritation über die Monotonie der Bilder ist dabei ein geschickt eingesetzter Verfremdungseffekt. In „Styx“ erzählt Wolfgang Fischer ebenfalls von einem havarierten Flüchtlingsboot. Seine Protagonistin ist eine deutsche Notärztin, die alleine auf dem Atlantik segelt und angesichts der Menschen, die kurz vor dem Ertrinken sind, vor die Entscheidung gestellt wird, ob sie sie retten und sich selber dadurch strafbar machen soll. Eine ganz andere Assoziation mit dem Meer vermittelt der spanische Spielfilm „Mar Adentro“ (Das Meer in mir) aus dem Jahr 2004. Javier Bardem spielt einen querschnittsgelähmten ehemaligen Seemann, der sich nach dem Meer und dem Tod sehnt.

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