Neubau Herthastadion: Hertha unter Druck
Der Club agiert in Sachen Stadionneubau chaotisch. Nun steht er dem Senat gegenüber schlecht da.
Herthas Streben nach einem großen, dollen Stadionneubau nimmt allmählich Züge der Dauerdebatte um eine Olympiabewerbung an: Es nervt. Zwei Jahre lang hat der Klub mit seinem Ziehen und Zerren gegen den Senat mögliche andere Themen blockiert; auf beiden Seiten wurden Gelder verschleudert für propagandistische Machbarkeitsstudien, Gegenstudien und neue Studien. Vor einigen Tagen verkündete die Baugenossenschaft 1892, deren Wohngebäude dem Hertha-Neubau im Weg stehen, sie sei nicht mehr bereit, die Wohnungen an Hertha zu verkaufen.
Der Bundesligist hatte bis zuletzt keine Ausweichmöglichkeiten für die Anwohner präsentieren können. Dass die Senatsfraktionen jetzt öffentlichkeitswirksam die Hertha-Pläne im Olympiapark für tot erklären, ist allerdings ein taktischer Zug, keine Gewissheit: Hertha hat so lange Schaumschlägerei betrieben, dass das Management es sich derzeit nicht leisten kann, zurückzuziehen. Auch, wenn der Spielraum immer enger wird.
Wer vom Umgang der Politik mit einem gut situierten Großklub lernen will, mag das am Beispiel Berlin tun. Von Anfang an hat der Senat Hertha geschickt vor sich hergetrieben; er beharrte auf einem Umbau im bestehenden Olympiastadion und wirkte mit diesem konkreten (obwohl faktisch völlig nutzlosen) Angebot souverän, im Gegensatz zur chaotisch lavierenden Hertha. Dabei ist der Bundesligist nur Mieter; die Weiternutzung des alten Stadions ist natürlich das Problem des Senats. Hertha hatte eigentlich eine komfortable Position.
Der Klub hat es aber nie geschafft, eine eigene Erzählung zu etablieren, hinreichend diplomatisch aufzutreten oder dem eigenen Anhang ausreichend schmackhaft zu machen, dass Brandenburg vielleicht doch ein schönes Land ist. Stattdessen setzte Hertha blind darauf, dass die Geldmaschine Fußball schon siegen werde, wenn nötig allein gegen alle und mit dem Kopf durch die Wand. Der Verein war auf dem politischen Tableau laut und arrogant. Und der aktuelle Tabellenplatz ist auch kein drängendes Argument, dem Verein noch mehr Fläche zu opfern.
Hertha-Geschäftsführer Michael Preetz und Stadionmanager Klaus Teichert stehen jetzt unter hohem Druck, ein vorzeigbares Ergebnis zu erwirken. Der Senat kann sich zurücklehnen und Hertha gegen sich selbst fechten lassen. Viel spannender als die Flächenfrage ist sowieso die Frage nach dem angeblich vorhandenen, aber sehr nebulösen Geld: Gut möglich, dass der Klub sich mit einem Stadionbau ein Millionenloch gräbt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!