piwik no script img

Fotoprojekt #DeinKindAuchNichtWenn alle sehen, wie man pinkelt

Erwachsene, die sich mit Brei vollgesudelt haben oder nackt auf einem Töpfchen sitzen: Eine Netzaktion kritisiert Eltern, die ihre Kinder bloßstellen.

Wilson Gonzales Ochsenknecht post als Kleinkind, um auf die Postings mancher Eltern aufmerksam zu machen Foto: Delia Baum

Berlin taz | Wer Wilson Gonzales Ochsenknecht als Jungen sehen möchte, braucht sich nur die Bolzplatzfilme der „Wilden Kerle“ anschauen – 13 war der Schauspieler, als Teil Eins im Kino lief. Nun macht sich Ochsenknecht zum Kleinkind: Als Nackedei mit verschmiertem Lätzchen oder plärrender Grimasse. Für das Fotoprojekt #DeinKindAuchNicht modeln er und die Journalistin Toyah Diebel in regressiven Posen. Diebel hatte die Idee zu der Fotostrecke, weil sie sich über das Postingverhalten mancher Eltern in sozialen Medien ärgerte.

„Dass man dort oft Bilder findet, die keine Rücksicht auf die Privatsphäre der Kinder nehmen, stößt mir sauer auf“, sagt Diebel zur taz. Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen garantiert Kindern ein solches Recht. Gefragt werden kann der Filius im Strampler allerdings nicht, ehe er dem Weltpublikum in seiner ganzen Knuffigkeit offenbart wird. „Sharenting“ heißt das Kofferwort dafür, eine Beschreibung für das Elternverhalten, die Daten der Kinder großzügig mit anderen zu teilen.

Neben begeisterungsfähiger Verwandtschaft und anhimmelnden Patenonkeln können auch Missetäter auf die Kinderfotos zugreifen: „Es gibt etliche Seiten, die genau solche Bilder sammeln und in einen sexuellen Kontext ziehen, ohne das Wissen der Eltern“, sagt Toyah Diebel. Die Gefahr pädophiler Ausbeutung ist indes nicht das einzige Problem. Bilder können Kinder auch in anderen Kontexten identifizierbar machen, wie Nadia Kutscher von der Universität Köln schreibt.

In ihrer Studie über Sharenting heißt es: „Datenbroker, die Kinder als Adressat_innen von Werbung betrachten oder Überwachungsakteure“ würden so weit mehr über die Zöglinge als die Farbe des neuen Plüschdinos erfahren. Laut Unicef haben bereits mehr als 80 Prozent aller Zweijährigen in Industriestaaten einen „digitalen Fußabdruck“, also ein Profil oder Bilder in sozialen Medien.

Emojis auf dem Kopf

Was aber tun, wenn man doch mächtig stolz ist auf jeden Rülpser und jedes Zehenwackeln, mit dem der eigene kleine Mensch promethisch das Feuer der Liebenswürdigkeit auf die Erde gebracht hat? Das Deutsche Kinderhilfswerk empfiehlt: „Fotos, die Kinder von hinten zeigen oder mit Detailaufnahmen (z.B. Hände oder Füße) arbeiten, sind in der Regel unbedenklich.“ Gesichter könne man mit Emojis oder Unschärfe unkenntlich machen.

Toyah Diebel sieht ferner die Plattformbetreiber in der Pflicht: „Wenn die Privatsphäre eines Kindes nicht geschützt ist, sollte es verboten sein diese Bilder zu posten“, sagt sie. Bei anderen Fragen greife man schließlich durchaus entschieden ein: „Ein nacktes, weinendes Baby ist okay, aber der Nippel einer erwachsenen Frau nicht?“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Bilder von Kindern haben in den sozialen Netzwerken nichts zu suchen.

  • Bilder der eigenen Kinder gehören in ein Fotoalbum, von mir aus auch in ein digitales, oder in eine abgeschlossene Familien- oder Freundesgruppe, aber nicht in die Öffentlichkeit. Jetzt garnicht mal zwingend deshalb, weil die Gefahr besteht, dass sich irgendein Perverser daran aufgeilen könnte, sondern um die grundsätzliche Privatsphäre der Kinder zu achten. Ich finde es schon schlimm, wenn Promi-Kinder in die Öffentlichkeit gezerrt werden, warum Eltern dann auch noch freiwillig Bilder ihrer Kinder veröffentlichen, entzieht sich meinem Verständnis.

    • @Katharina Reichenhall:

      Daumen hoch halt...Ich hoffe das auch mal einer an die Privatsphäre der ach so erfolgreichen*Influrenza** Damen denkt...jene, die sich ein feines Leben durch Sponsoren gönnen...und dafür jegliche Scharm ihrer Kinder in den Wind schießen.Kinder die in jeder ihrer Lebenslagen gefilmt und öffentlich zur schau gestellt werden...Ob auf Facebook ...Instagram oder im you tube chanel...es entzieht sich meiner werte...warum man auf kosten seine r Kinder sein tolles leben finanzieren muss...

    • @Katharina Reichenhall:

      @Katharina:



      dem ist nichts hinzuzufügen!