Korruption in Bulgarien: Teure Hütten zum Schnäppchenpreis

Durch den Erwerb von Appartements gerät die Regierungspartei GEBR weiter unter Druck. Fraktionschef Tzwetanow legt sein Mandat nieder.

Etwas zerknirscht: Bulgariens Regierungschef Bojko Borisow

Verliert ein Kabinettsmitglied nach dem anderen: Bulgariens Regierungschef Bojko Borisow Foto: imago/ZUMA Press

BERLIN taz | Tswetan Tswetanow vermag beim besten Willen kein Drama zu erkennen, die Öffentlichkeit und die Medien in Bulgarien hingegen schon. Bislang gilt Tswetanow als einflussreichster Politiker nach Regierungschef Bojko Borissow von der rechtszentristischen Partei Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens (GERB).

Er ist Vize-Chef von GERB sowie deren Fraktionsvorsitzender in der Volksversammlung. Seit vergangenem Mittwoch ist Tswetanows Gastspiel im Parlament beendet – zumindest vorläufig. Er legte sein Mandat nieder.

Grund für den Rückzug ist eine Affäre, die der bulgarische Dienst von Radio Freies Europa aufgedeckt hatte und die nur noch unter der Bezeichnung „AppartementGate“ verhandelt wird. So soll Tswetanow im Juni vergangenen Jahres von der Immobiliengesellschaft Arteks in einem vornehmen Viertel der Hauptstadt Sofia eine 240 Quadratmeter große Luxuswohnung nebst zwei Parkplätzen erworben haben.

Das Dumme daran war nur, dass der Kaufpreis erheblich unter dem Marktwert lag. Bezahlte Tswetanow in dem Gebäudekomplex mit dem klangvollen Namen „Goldenes Jahrhundert“ umrechnet 627 Euro pro Quadratmeter, mussten normale Kunden zwischen 2.500 und 3.500 Euro hinblättern.

„Schöner wohnen“

Tswetanow ist nicht der einzige Politiker, den seine Vorliebe für „schöner wohnen“ teuer zu stehen kommen könnte. Wegen dubioser Wohnungskäufe zu Schnäppchenpreisen waren im März bereits drei Kabinettsmitglieder zurückgetreten: Die Justizministerin Tsetska Tsatschewa, die Vize-Ministerin für Sport, Wanija Kolewa, sowie der stellvertretende Energieminister Krassimir Parwanow – alle von GERB.

Jetzt ermitteln die Generalstaatsanwaltschaft und die bulgarische Antikorruptionsbehörde. Doch das ficht Tswetanow nicht an. Es gebe nichts, dessen er sich schämen müsse. Alles, was er getan habe, sei legal gewesen. Die Enthüllungen seien Teil einer Verleumdungskampagne vor den Europa-Wahlen, sagte er am Mittwoch.

Umfragen vom Januar zufolge kommt GERB noch auf bis zu 35 Prozent der Stimmen. Ob das so bleibt ist fraglich in einem Land, das im Jahre 12 nach dem Beitritt zur EU immer noch das Armenhaus Europas ist.

Das größte Problem von GERB sei jetzt das Machtmodell in Bulgarien – eine Kombination aus Vorteilsnahme und Korruption. Die Medien hätten vergessen, dass es nicht ihre Aufgabe sei, die Politiker nur darzustellen, sondern über deren Tätigkeit zu informieren, schreibt der bulgarische Dienst von Radio Freies Europa. Die jüngsten Enthüllungen zeigen, dass dieser Gedächtnisschwund zu Ende sein könnte.

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