: Wirecard: Ermittlungen gegen „FT“-Journalist
Artikelserie löste Kursturbulenzen beim Zahlungsdienstleister aus. Bafin untersagt Leerverkäufe mit Aktien des DAX-Unternehmens. Verdacht auf Marktmanipulation
Von Jan Christoph Freybott
Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (Bafin) und die Staatsanwaltschaft München unternehmen erste Schritte gegen die zunehmenden Spekulationen mit Aktien des Zahlungsdienstleisters Wirecard. Im Zusammenhang mit Berichten über vermeintlichen Betrug und Geldwäsche in Singapur eröffnet die Staatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren gegen einen Journalisten der Financial Times (FT), wie eine Sprecherin der taz bestätigte. Grund dafür sei eine Strafanzeige eines Anlegers gewesen.
Bereits seit Anfang Februar hatte die Behörde wegen des Verdachts der Marktmanipulation gegen unbekannt ermittelt; ein Anleger habe der Behörde nun mitgeteilt, er habe bereits vorab gewusst, dass ein entsprechender Artikel in der Financial Times erscheinen würde. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, liefen die Ermittlungen dabei in enger Kooperation mit der Finanzaufsicht, die nun ihrerseits gegen das Spekulationsgeschäft mit Wirecard-Aktien vorgeht. Wie das Bafin am Montag bekannt gab, sei bis Mitte April ein Leerverkaufsverbot auf Aktien des bayerischen Unternehmens erlassen worden, womit die Behörde trendverstärkende Spekulationen eindämmen will.
Leerverkäufe oder auch „Short Sells“ meinen dabei eine Geschäftspraxis des Finanzwesens, mit der AnlegerInnen durch den Verkauf und Rückkauf geliehener Aktien von rasant sinkenden Aktienkursen profitieren. An der Börse erholte sich der Aktienkurs von Wirecard infolge der Nachricht, auch der Konzern selbst zeigte sich erfreut. „Wir begrüßen alle Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, die zu einer schnellen Aufklärung beitragen“, sagte ein Pressesprecher der taz.
Ein Sprecher von Wirecard zur taz
Mit dem Verbot der Leerverkäufe reagiert die Bafin auf die anhaltenden Kursschwankungen des DAX-Neulings, der in den vergangenen Wochen rund 40 Prozent seines Werts einbüßte. Angestoßen wurde der turbulente Kursverlauf durch eine Artikelserie der Financial Times, die den Zahlungsdienstleister Wirecard in Erklärungsnot gebracht hatte. Ein Manager in Singapur habe KollegInnen gezeigt, wie man interne Geschäftszahlen frisiert und die Bilanzen fälscht, hieß es in den Artikeln. Ermittlungsbehörden in Singapur hatten daraufhin die Räumlichkeiten in Singapur durchsucht. Wirecard wies alle Vorwürfe zurück: Die öffentlichen Anschuldigungen seien auf eine persönliche Fehde zwischen Mitarbeitern zurückzuführen, ließ Vorstandschef Markus Braun verlauten. Zudem sei die beauftragte Kanzlei Rajah & Tann den Vorwürfen nachgegangen und habe bis heute kein Vergehen feststellen können.
Dass das Bafin den Leerverkauf von Aktien eines bestimmten Unternehmens verbietet, ist dabei ein historisch einmaliger Vorgang. Die Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass die negativen Berichte der Financial Times zeitlich mit dem steigenden Erwerb von Leerverkäufen zusammenfielen „Vor diesem Hintergrund haben wir uns zu dieser marktschützenden Maßnahme entschieden“, sagte eine Sprecherin des Bafin der taz. Ob es sich um Marktmanipulation handele, sei derweil noch nicht klar. Man ermittele weiter „in alle Richtungen“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen