Inderin wehrt sich gegen Kastensystem: Fast eine Revolution

Die Anwältin Sneha Parthibaraja kämpfte neun Jahre lang gegen eine Nennung ihrer Kastenzugehörigkeit in offiziellen Dokumenten – mit Erfolg.

Die indische Anwältin Parthibaraja lächelt verschmitzt

Anwältin Sneha Parthibaraja kämpft gegen die Unterdrückung in Indien Foto: facebook/Sneha Parthibaraja

Jetzt ist es erstmals offiziell: Eine Finanzbe­amtin im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu hat der Anwältin Sneha Parthibaraja schriftlich bestätigt, dass sie keiner Religion und keiner Kaste angehört. Das hat es in Indien noch nicht gegeben und kommt einer Revolution gleich.

Die 35-Jährige hat dafür neun Jahre lang gekämpft. „Bisher hatten mir das die Beamten aus verschiedenen Gründen verweigert, oft mit der Begründung, dafür gebe es keinen Präzedenzfall oder dazu seien sie nicht befugt“, erklärte Sneha am Wochenende gegenüber indischen Medien.

Die Nennung der Kasten- und Religionszugehörigkeit einer Person wie auch von deren Eltern ist nicht nur identitätsbildend, sondern gilt in Indiens hierarchischer Gesellschaft auch als wichtiger Indikator für die soziale Stellung der jeweiligen Person. Das beginnt schon mit der Geburtsurkunde. Die Angaben über Kaste und Religion ziehen sich dann im weiteren Leben durch alle offiziellen Dokumente.

Die Kastenzugehörigkeit entscheidet zudem über den Zugang zu bestimmten Sozialleistungen, Studienplätzen oder Jobs im Staatsdienst. Diese werden über ein System vergeben, das Quoten für niedrige Kasten kennt. Wurde früher gehofft, das Kastensystem werde im Laufe der Jahre ohnehin an Bedeutung verlieren, so hat gerade die Quotierung das System letztlich weiter zementiert.

Positive Reaktionen

Im Fall von Sneha Parthibaraja, die auf einer amtlichen Bescheinigung der Nichtzugehörigkeit zu Kaste und Religion bestand, sind die Behörden alle ihre amtlichen Dokumente durchgegangen. Und siehe da: Nirgends gab es Angaben darüber, auch nicht in der Geburtsurkunde. Ihre Eltern hatten sich stets geweigert, die entsprechenden Felder in den Formularen für ihre Töchter auszufüllen. Sie stammen aus verschiedenen Kasten und sollen bei ihrer Hochzeit ganz säkular weder auf Zeremonien von Kasten noch Religionen zurückgriffen haben.

Auch wurde jetzt geprüft, ob Sneha je Privilegien in Anspruch genommen hatte, die für Angehörige niederer Kasten bestimmt sind. Auch dies war nicht der Fall. So konnte die Finanzbeamtin in Snehas Heimatdistrikt Tirupattur der kämpferischen Anwältin das gewünschte Dokument schließlich nicht mehr länger verweigern.

Die Reaktionen sind überwiegend positiv. Die wenige Kritik kommt ausgerechnet von Angehörigen niederer Kasten. Einige ihrer Vertreter fürchten, dass sich Snehas Schritt gegen die mit der Quotierung verbundenen Privilegien etwa für Dalits richtet, wie die offiziell Kastenlosen, aber in der Hierarchie an unterster Stelle stehenden Menschen heißen.

Sneha betont, dass sie die Quotierung als hilfreich für die niederen Kasten ansieht. Sie kämpfe gegen Unterdrückung, nicht gegen die Quotierung, erklärt sie. Was die Religion betrifft, so haben sie und ihr Mann ihren drei Töchtern jeweils Doppelnamen gegeben, die sich aus Namen unterschiedlicher Religionen zusammensetzen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.