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Bürger fahren Bürger

Der Stadtteil Niendorf-Ost, direkt neben dem Flughafen gelegen, ist vom öffentlichen Verkehrsnetz abgeschnitten. Jetzt soll ein Bürgerbus helfen

Die Lösung: kleinere Busse, sogenannte Bergziegen, die durch die engen Straßen fahren können

Von David Günther

In Niendorf-Ost, am Rande des Flughafens, ist es ein weiter Weg zur nächsten Bushaltestelle. Besonders für ältere Bürger ist der Weg zum Bus schwierig. Das Bezirksamt Eimsbüttel plant darum die Einrichtung eines „Bürgerbusses“, der von Freiwilligen gefahren werden soll. Die Diskussion ist gerade noch im Gange. Bemühungen der Bezirkspolitik, eine reguläre Buslinie einzurichten, waren erfolglos. Laut Pressesprecher des HVV, Rainer Vohl, seien die Straßen dort zu eng für die Standardbusse.

Einer der problematischen Straßen soll der Engernweg sein, der direkt am Flughafen entlang läuft. Das jedenfalls sagt Lutz Schmidt vom örtlichen Bürgerverein. Dort fahre ich hin.

An der U-Bahn-Station Niendorf Markt geht es in den Linienbus 191, um zur Haltestelle Helvetierweg zu kommen, der nächstgelegenen Haltestelle zum Engernweg. Nach fünf Minuten steige ich aus und gehe den Helvetierweg entlang. Die Straße ist eng, der Gehweg uneben. Es ist eine ruhige Wohngegend, Autos parken am Straßenrand. Irgendwann hört der Gehweg auf, im Cord-Dreyer-Weg muss ich auf die Straße ausweichen. Fahrradfahrer kommen mir entgegen, Autos überholen mich. Manchmal muss ich an den Straßenrand ausweichen.

Angekommen am Engernweg, stehe ich zwischen Kleingärten und sehe das Rollfeld. Knapp 1,2 Kilometer lang ist der Weg, 18 Minuten habe ich gebraucht. Ein älterer Herr ist gerade im Garten beschäftigt, er trägt eine Sonnenbrille. „Man ist hier auf das Auto angewiesen“, sagt er. „Hier ist es schön und ruhig, doch der Weg zur nächsten Bushaltestelle ist für viele Bekannte ein schwerer Weg.“

Auf dem Rückweg zum Bus treffe ich im Alwin-Lippert-Weg eine ältere Dame. Sie trägt eine rote Fließjacke und ein buntes Halstuch. Sie ist mit dem Rollator unterwegs und geht auf dem rechten Straßenrand. „Das Problem ist, dass hier keine Fußwege sind“, berichtet sie. Sie müsse auf die Straße ausweichen und die Autos sind oft ungeduldig und wollen überholen. Und wenn doch Gehwege an der Straße sind, seien sie schlecht beleuchtet und hätten Stolperfallen.

Die Idee, in Niendorf-Ost einen Bürgerbus fahren zu lassen, kommt vom Bezirksamt Eimsbüttel. Der Regionalausschuss Lokstedt hat sich einstimmig für einen solchen Fahrdienst ausgesprochen, die Bezirksversammlung muss dem Projekt noch zustimmen. Der Regionalbeauftragte des Bezirks Eimsbüttel, Michael Freitag, rechnet fest damit. Es sei ungewöhnlich, dass die Bezirksversammlung einen Vorschlag ablehne, den der Regionalausschuss angenommen habe.

Die meisten Bürgerbusse sind Kleinbusse mit Platz für Rollatoren. Besonders in ländlichen Regionen sind sie beliebt. Falls, wie erwartet, die Bezirksversammlung zustimmt, kann das Bezirksamt Eimsbüttel nach dem 28. Februar die Planungen vorantreiben. 20 bis 30 Freiwillige werden als FahrerInnen gesucht, zehn haben sich nach den ersten Zeitungsberichten bereits gemeldet.

Der Bezirk will einmalig Sondermittel in Höhe von 20.000 Euro zur Verfügung stellen. Zusätzlich sollen im Quartierfonds 10.000 Euro jährlich für laufende Kosten bereitstehen. Der Bus soll nach telefonischer Anmeldung zwei- bis dreimal in der Woche fahren. Er wird die Fahrgäste von der Tür abholen, sie zum gewünschten Ort bringen und auch wieder zurückfahren.

Ein ähnliches Problem wie in Nien­dorf-Ost gab es im Stadtteil Rissen, doch anders als in Niendorf wurde in Rissen im Dezember 2018 vom HVV eine Linienbusverbindung eingerichtet. Die Lösung: kleinere Busse, sogenannte Bergziegen, die durch die engen Straßen fahren können. Die Busse kamen aus dem benachbarten Blankenese, wo sie nicht eingesetzt wurden. In Niendorf-Ost und am Flughafenrand gibt es laut HVV-Sprecher Vohl so eine Möglichkeit nicht.

Auch in den Stadtteilen Osdorf und Lurup ist die Linienbusverbindung problematisch. Der HVV richtete darum dort 2018 die „Ioki-­Shuttles“ ein, elektrisch betriebene Sechs-Sitzer, die per Smartphone-App gebucht werden können. Das Shuttle bringt die Fahrgäste an Bushaltestelle und Bahnhöfe, außerdem sammelt es zusätzlich Fahrgäste ein, die ähnliche Routen gebucht haben. Auch Rollstühle und Kinderwagen können transportiert werden.

Sammeltaxis könnte sich auch der Bürgerverein in Niendorf vorstellen. Im Moment seien keine auf dem Markt, sagt der Beisitzer des Bürgervereins Lutz Schmidt. Insofern sei die Einführung eines Bürgerbusses zu begrüßen.

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