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Fertighäuser aus Holz werden immer beliebter

Holzhäuser in Fertigbauweise sollen ein besonders angenehmes Raumklima haben und genau so lange halten wie massiv gebaute Gebäude. Baudauer: drei Monate

Von „vier Wänden“ sang einst Rio Reiser: „Eine Wand für mein Klavier, eine Wand für ein Bild von dir, eine Wand für eine Tür, sonst kommst du ja nicht zu mir.“ Handwerker bauen in einer Messehalle in Hannover an einem Fertighaus aus Holz Foto: Wolfgang Weihs/dpa

Von Joachim Göres

Holz-Fertighäuser sind für die einen wegen des schnellen Aufbaus bis heute ein Wunder der Technik, für andere dagegen eher ein fragwürdiges Unternehmen. Skeptisch wird an die dünnen Wände geklopft und die Qualität infrage gestellt. Und doch erfreuen sie sich wachsender Beliebtheit: Im ersten Halbjahr 2018 entfielen mehr als 19 Prozent aller Bauanträge für Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland auf Häuser in Holz-Fertigbauweise. Damit wurde der Rekordanteil aus dem Vorjahr wieder erreicht. Die Hersteller hoffen durch das neue Baukindergeld auf neue Kunden und weitere Steigerungen.

„Die Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung eines Fertighauses sind grenzenlos, die Bauzeit ist kurz und die Planbarkeit groß, zudem sind fast alle Fertighäuser Niedrigenergiehäuser, was gut für die Umwelt ist und Kosten spart“, sagt Achim Hannott, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF). Wegen der großen Nachfrage müsse man derzeit allerdings bei Herstellern zum Teil mit mehrmonatigen Wartefristen rechnen, bevor die Fertigung beginnt.

Holz-Fertighäuser werden meist in der Holz-Tafelbauweise errichtet. Dabei werden großformatige Holzelemente vorgefertigt und in ein bis zwei Tagen regendicht als Fertighaus aufgebaut. Die Decken bestehen aus Holz beziehungsweise einer Kombination aus Holz und Beton. Innerhalb von drei Monaten ist die Übergabe eines komplett eingerichteten Hauses möglich.

Die Lebensdauer entspricht laut BDF dem eines Massivhauses. Der Verband wirbt zudem mit einem ausgeglichenen Raumklima, das durch die Fähigkeit des Holzes zur Aufnahme und Abgabe von Wasserdampf entsteht.

Holz ist traditionell als Baustoff in Süddeutschland wesentlich beliebter als in anderen Regionen. Bei den Holz-Fertighäusern liegt Baden-Württemberg in diesem Jahr mit einem Anteil von 35,7 Prozent an den Baugenehmigungen an der Spitze, gefolgt von Bremen mit 32,8 Prozent. In Schleswig-Holstein waren es 14,6 Prozent, in Hamburg 10,7 Prozent. Schlusslicht ist Niedersachsen mit 8,6 Prozent.

Das durchschnittliche Einfamilien-Fertighaus aus Holz ist 140 Quadratmeter groß und kostet gut 270.000 Euro. In Ostdeutschland sind die Ausbaumodelle beliebter, die es für unter 100.000 Euro gibt – bei ihnen kann man durch Eigenarbeit Geld sparen. Die Hersteller haben aber auch schlüsselfertige Luxushäuser für 800.000 Euro im Angebot.

„Die Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung sind grenzenlos“

Achim Hannott, Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF)

Experten raten, sich von einem Besuch eines der bundesweit rund 600 Musterhäuser oder einer der 19 Musterhausparks – unter anderem in Langenhagen bei Hannover – nicht blenden zu lassen, da die Musterhäuser häufiger besser ausgestattet und auch größer seien als die Standardausführungen. Extras wie Balkon, Dachgaube oder Erker sind meist nicht im Festpreis erhalten. Im Vertrag sollte außerdem genau geregelt werden, von welchen Firmen Fliesen oder Heizungen geliefert werden. Bei der Bauabnahme ist ein unabhängiger Sachverständiger zu empfehlen. Die meisten, aber nicht alle Firmen räumen bei Bauschäden eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren ein.

Auch bei der Vertragsgestaltung bleibt Vorsicht geboten, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein: Das traditionsreiche Fertigbauunternehmen Haacke Haus aus dem niedersächsischen Celle, das mehrfach für seine energieeffizienten Gebäude ausgezeichnet wurde, hat im Sommer Insolvenz angemeldet und ist inzwischen an einen anderen Fertighaushersteller in Süddeutschland verkauft worden. Der Standort Celle wurde aufgegeben, zahlreiche Beschäftigte haben ihre Arbeit verloren.

Auch rund 40 Bauherren wurden davon überrascht: Nach der Insolvenz wurden ihre zum Großteil bezahlten Häuser nicht mehr weitergebaut. Um nicht auf einem Rohbau sitzenzubleiben, mussten sie andere Firmen mit dem Weiterbau beauftragen und dafür zusätzlich zahlen. Die Schadenssumme liegt teilweise in sechsstelliger Höhe. Als Grund für die wirtschaftlichen Probleme hatte Haacke unter anderem die insgesamt gesunkene Zahl der Baugenehmigungen genannt – sie ging im ersten Halbjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr bei den Ein- und Zweifamilienhäusern bundesweit um 1,7 Prozent zurück.