Bundesrechnungshof watscht Scheuer ab

Kassenprüfer halten die Bahnreform für gescheitert. Die Auslandstöchter müssten verkauft werden. Dünne Ergebnisse beim Treffen von Bahnchefs und Verkehrsminister

Hier könnte mal wieder richtig geputzt werden. Auch der Bundesrechnungshof fällte ein vernichtendes Urteil über die Bahn Foto: Matthias Balk/dpa

Von Wolfgang Mulke

Als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nach einem Frühstück mit dem Vorstand der Bahn am Donnerstagmorgen die Ergebnisse verkündete, war seine Laune noch gut. Seine Gäste hatten ein Paket mit Verbesserungsplänen für den Schienenverkehr vorgelegt. So sollen die Züge künftig pünktlicher, der Service am Bahnhof besser werden. „Ich bin zufrieden mit den Maßnahmen“, sagte Scheuer, obgleich alles längst bekannt war – und wohl keineswegs auf den Rapport der Bahnbosse beim Eigentümer zurückzuführen ist.

Ein paar Stunden später dürfte sich die Stimmung im Hause Scheuer deutlich eingetrübt haben. Denn: Der Bundesrechnungshof (BRH) fällte ein vernichtendes Urteil über die Bahnpolitik des Bundes, für die Scheuer maßgeblich verantwortlich ist. Die Bahnreform von 1994 sei gescheitert, stellt BRH-Chef Kay Scheller fest. Beide Hauptziele, nämlich mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und den Bund finanziell zu entlasten, seien verfehlt worden. „Und der Bund hat tatenlos zugeschaut“, kritisierte er.

Laut dem Bericht der Kassenprüfer, der gleichzeitig auch dem Bundestag übergeben wurde, wird die Bundesregierung ihrem Verfassungsauftrag nicht gerecht. Dieser sehe vor, dass die Bahn „ein zuverlässiger und attraktiver Mobilitätsträger für Personen und Güter“ sein solle. Doch darauf achte der Bund als Eigentümer nicht. Der Marktanteil am Gesamtverkehr sei in den vergangenen 25 Jahren gesunken, der Zustand der Infrastruktur habe sich verschlechtert und die Deutsche Bahn sei mit über 11 Milliarden Euro im Jahr 2017 der größte Zuwendungsempfänger des Bunds gewesen. Statt sich dem hiesigen Gemeinwohl zu widmen, habe sich die Bahn stark international in verschiedenen Verkehrssegmenten engagiert, kritisierte Scheller.

Insbesondere das Auslandsengagement mit insgesamt 513 Tochtergesellschaften halten die Bundeskontrolleure für verzichtbar. „Aus dieser globalen Geschäftstätigkeit ergeben sich keine positiven Effekte für die Ertrags- und Finanzlage der Eisenbahn in Deutschland“, monierte Scheller. Die Gewinne der britischen Gesellschaft Arriva würden beispielsweise wieder dort reinvestiert. „Der Bund muss sagen, was für eine Bahn und wie viel Bahn er will“, forderte der BRH-Präsident. Dazu gehöre für ihn ein möglicher Verkauf des Auslandsgeschäfts und eine Prüfung der Organisation des Konzerns. Müsse die Bahn als Aktiengesellschaft geführt werden oder sei die Trennung von Netz und Betrieb sinnvoll?

Im Vergleich zur Fundamentalkritik der Rechnungsprüfer wirkte der Erfolg von Scheuers Treffen mit dem Bahnvorstand überschaubar. Bahnchef Richard Lutz kündigte dabei einen Fünfpunkteplan für das laufende Jahr an, der für mehr Pünktlichkeit und eine größere Fahrzeugkapazität sorgen soll. 22.000 Neueinstellungen sollen Personalengpässe beseitigen. Vor allem Lokführer, Instandhalter und Fahrdienstleister werden gesucht. So soll die Flotte schneller wieder aus den Werkhallen auf das Gleis kommen. 25 neue Züge werden in diesem Jahr ausgeliefert, das Baustellenmanagement soll sich verbessern. Zusammengenommen erhöht sich dadurch laut Bahn die Pünktlichkeit im Fernverkehr um 1,6 Prozentpunkte. Mit dem Zielwert von 76,5 Prozent bleibt das Unternehmen aber immer noch weit unter den eigenen Ansprüchen von über 80 Prozent im Fernverkehr.

Immerhin soll die Wartezeit im Bahnhof angenehmer werden. Rund 80 Stationen erhalten in den kommenden Monaten neue Anzeiger und Monitore. Auch das WLAN an den Bahnhöfen, im IC und im öffentlichen Nahverkehr wird ausgebaut.