Regierungskrise in Belgien: Einfach weiter wursteln

König Philippe akzeptiert den Rücktritt von Premier Charles Michel. Doch die Regierung bleibt erst einmal geschäftsführend im Amt.

Belgiens Premier Charles Michel (r.) und König Philippe

Belgiens Premier Charles Michel (r.) und König Philippe beraten über die Regierungskrise Foto: ap

BRÜSSEL taz | Die Regierungskrise in Belgien ist vorerst beigelegt. König Philippe nahm am Freitag den Rücktritt von Premierminister Charles Michel an, beauftragte ihn aber gleichzeitig mit der Fortsetzung der Regierungsarbeit als geschäftsführender Premier. Damit entschied sich der König gegen vorgezogene Neuwahlen. Michel soll bis zum regulären Wahltermin im Mai 2019 weitermachen.

„Der König hat den Rücktritt der Regierung akzeptiert und sie damit beauftragt, das laufende Geschäft fortzuführen“, teilte der belgische Königspalast mit. Der König sehe den „politischen Willen, die angemessene Führung des Landes bis zu den nächsten Wahlen zu gewährleisten“. Zuvor hatte er die Chefs der belgischen Parteien empfangen und ihre Meinung eingeholt.

Außer der flämischen N-VA, die die Krise ausgelöst hatte, war dem Vernehmen nach niemand für vorgezogene Neuwahlen. Die flämischen Nationalisten hatten sich Anfang Dezember aus der Regierung zurückgezogen, um gegen Michels „Ja“ zum UN-Migrationspakt zu protestieren. Danach verfügte Michel im föderalen Parlament über keine eigene Mehrheit mehr, weshalb er schließlich seinen Rücktritt einreichte.

Die N-VA will die geschäftsführende Regierung, die mit dem bisherigen Krisenkabinett identisch sein dürfte, nicht unterstützen. Sie sei eine Regierung, die „nichts machen kann“, spottete der frühere Innenminister Jan Jambon. In Flandern ist de facto schon der Wahlkampf eröffnet. Der rechtsextreme „Vlaams Belang“ zog sogar vor den Königspalast, um Neuwahlen zu fordern.

Mehr Ehrgeiz

König Philippe hat dies offenbar nicht beeindruckt. Er forderte Michel auf, sich regelmäßig mit dem föderalen Parlament abzustimmen und ihn selbst auf dem Laufenden zu halten. So will der König das Heft in der Hand behalten. Allerdings ist unklar, ob auch die Zusammenarbeit mit dem Parlament funktioniert. Die Grünen haben Michel bereits unter Druck gesetzt und mehr Ehrgeiz in der Klimapolitik gefordert.

Als Stolperstein könnte sich vor allem der Haushalt für das neue Jahr erweisen. Da Michel keine Mehrheit mehr hat und die N-VA ihr Versprechen brach, in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu kooperieren, will die Regierung nun mit dem Budget des Vorjahrs weitermachen. Die Ausgaben werden einfach durch Zwölf geteilt und auf die kommenden Monate verteilt.

Auch die Migrationspolitik ist umstritten. Bei einer Demonstration vorwiegend flämischer Gruppen gegen den UN-Migrationspakt im Brüsseler Europaviertel kam es am vergangenen Sonntag zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei. Einige Extremisten griffen sogar das Gebäude der EU-Kommission an. Die Rechten koordinieren ihre Aktionen mit dem früheren US-Präsidentschafts-Berater Steve Bannon, der in Brüssel ein Büro eröffnet hat.

Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage profitieren die flämischen Nationalisten von den (selbst herbeigeführten) Turbulenzen. Die N-VA käme demnach auf 30 Prozent der Stimmen, der „Vlaams Belang“ auf 12 Prozent – doppelt so viel wie bei der letzten Wahl 2014. Auch die Grünen legen zu. Sie kämen auf 14 Prozent. Die liberale Partei von Premier Michel gehört dagegen zu den Verlierern.

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