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Journalistin Ünker zu Haft verurteilt

Mit Recherchen über Steuerflucht soll sie den früheren türkischen Ministerpräsidenten beleidigt haben

2017 gehört sie zum Rechercheteam der „Paradise Papers“, das Enthüllungen über Politiker in Steuerparadiesen veröffentlichte. Jetzt soll Pelin Ünker für 13 Monate ins Gefängnis – und außerdem noch rund 1.500 Euro Strafe zahlen. Weil sie angeblich den ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen Parlamentspräsidenten Binali Yıldırım und zwei seiner Söhne beleidigt und verleumdet hat. Das Urteil hat ein Gericht in Istanbul Dienstag verhängt. Es ist noch nicht rechtskräftig, die Anwälte Ünkers haben Berufung eingelegt. Pelin Ünker ist deshalb auch noch nicht in Haft.

Ünker war im Rahmen der Recherchen zu den „Paradise Papers“ unter anderem auf eine Briefkastenfirma in Malta gestoßen, die den Söhnen des damaligen Ministerpräsidenten gehört haben soll. Yıldırım und seine Familie bestritten jedes Fehlverhalten und zeigten Ünker an. Gegen die Journalistin läuft ein weiteres Verfahren, das der damalige Energie- und heutige Finanzminister Berat Albayrak und dessen Bruder Serhat Albayrak angestrengt haben. Deren damalige Firma Çalık Holding ebenfalls Briefkastenfirmen auf Malta gehabt haben soll. Ein Gericht in Istanbul wird am 21. Februar darüber entscheiden. Berat Albayrak ist der Schwiegersohn von Präsident Erdoğan.

Pelin Ünker hatte ihre Recherchen damals in der Tageszeitung Cumhuriyet veröffentlicht. Sie arbeitet heute für die türkische Redaktion der Deutschen Welle. Über das Urteil gab sie sich wenig überrascht. „Das Urteil stand offenbar von vornherein fest. Eine Verteidigung war eigentlich sinnlos. Hier wurde der Journalismus an sich bestraft“, sagte sie. Ihr Anwalt Tora Pekin will dennoch für einen Freispruch kämpfen. Die Existenz von Briefkastenfirmen auf Malta „ist Gegenstand öffentlicher Kritik und von öffentlichem Interesse und hat deshalb Nachrichtenwert. Diese Berichte können nicht Gegenstand einer Anschuldigung sein.“

Jürgen Gottschlich, Istanbul

Offenlegung: Pelin Ünker hat in der Vergangenheit auch Texte für taz.gazete geschrieben.

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